Joachim Walter (links), Präsident des baden-württembergischen Landkreistages, spricht bei der Landkreisversammlung des baden-württembergischen Landkreistages mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen). Foto: dpa

Harmonie statt Finanzstreit - die Kreise stärken Kretschmann beim Thema Bildungsfinanzierung demonstrativ den Rücken. Der betont: Für ein paar Milliarden lässt er den Föderalismus nicht aushöhlen.

Bühl - Schulterschluss zwischen Land und Kommunen: Im Streit mit dem Bund um die Bildungsfinanzierung stärkt der Landkreistag Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den Rücken. „Auch wir lehnen die geplante Erweiterung der Bundeskompetenzen im Hinblick auf die Bildungsfinanzierung entschieden ab“, sagte der Präsident des kommunalen Verbandes, der Tübinger Landrat Joachim Walter (CDU), am Montag bei der Landkreisversammlung in Bühl (Kreis Rastatt).

Kretschmann bedankte sich für die Unterstützung und betonte: Er werde nicht zulassen, dass die bundesstaatliche Ordnung ausgehöhlt werde. Anstelle von Programmen bräuchten Länder mehr Steuermittel.

Grundgesätzänderung für stärkere Beteiligung

Der bei der Versammlung einstimmig wiedergewählte Präsident Walter hatte zuvor vor einem „Frontalangriff auf den Bildungsföderalismus“ gewarnt. Die vom Bund für die Digitalisierung in Aussicht gestellten fünf Milliarden Euro würden auch hierzulande dringend benötigt. Allerdings sei dafür keine Grundgesetzänderung nötig. Er befürchtet, dass der Bund mit der Änderung die Länder an den „goldenen Zügel“ legen wolle, um sie bis ins Detail zu kontrollieren und sie in ihren Gestaltungsmöglichkeiten massiv einzuschränken.

CDU, CSU und SPD hatten in den Koalitionsverhandlungen im Bund vereinbart, das Grundgesetz zu ändern, damit der Bund sich stärker an der Finanzierung der Bildungsinfrastruktur beteiligen kann. Konkret geht es um die Auszahlung des Digitalpakts Bildung des Bundes, der 2019 starten soll. Für die angestrebte Grundgesetzänderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag nötig, die die große Koalition aber nicht hat. Zudem muss das Vorhaben auch durch den Bundesrat.

Walter lobte den im Sommer mit dem Land erzielten Finanzkompromiss. „Es werden in einem gewaltigen Kraftakt 1,6 Milliarden Euro für zentrale Bereiche der Daseinsvorsorge mobilisiert, etwa für die Flüchtlingsintegration, die Krankenhausversorgung und die frühkindliche Bildung.“ Sie seien eine Direktinvestition in den sozialen Zusammenhalt in den Landkreisen, Städten und Gemeinden.

Milliardenschwerer Pakt zwischen Land und Kommunen

Bei der Veranstaltung erinnerte Walter zugleich an ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag im Land - an die unmittelbare Beteiligung der Landkreise an der Umsatzsteuer. Vom Sozialbereich über den öffentlichen Nahverkehr und die Berufsschulen bis zu den Krankenhäusern - Landkreise bräuchten für diese wichtigen Gemeinwohlaufgaben eigene Finanzressourcen. „Die direkte Beteiligung der Landkreise an der Umsatzsteuer ist eine föderalstaatliche Grundsatzfrage“, sagte Walter.

Kretschmann wollte keine Zusagen machen, betonte aber: Die Wünsche seien notiert. Der milliardenschwere Pakt zwischen Land und Kommunen sende eine wichtige politische Botschaft: „Wir reden nicht nur. Wir handeln auch.“

Die Landkreisversammlung mit mehr als 300 Vertretern der Kreise stand unter dem Motto „Starke Landkreise - Erfolgreiches Land“. Landtagspräsidentin Muhterem Aras betonte dabei, dass Land und Kommunen ein gemeinsames Ziel verfolgten. Der Ton werde rauer. Für einige Bürger scheine der Staat ein „fernes, elitäres Bürokratiesystem, dem sie ohnmächtig gegenüberstehen“. Dem Eindruck müsse man entgegenwirken. Für sie bedeute das auch eine gleichberechtigte politische Partizipation der Frauen.

Nur knapp 24 Prozent der Stadt- und Gemeinderäte seien Frauen. In den Kreistagen liege der Frauenanteil bei 19 Prozent. „Vor allem in kleineren und ländlich geprägten Orten gibt es immer noch Gemeinderäte, in denen keine einzige Frau sitzt“, sagte sie. Dass es in den 35 Landkreisen nur drei Landrätinnen gebe, sei ein Problem, dem man sich stellen müsse. Die Landräte begleiteten die Zahlenauflistung der Präsidentin mit lautem Grummeln.