Die Stuttgarter Fachkonferenz FMX bietet unter anderem Hintergründe zum neuen Pixar-Film „Cars 2“, der am 28. Juli startet – erläutert vom Filmakademie-Absolventen Saschka Unseld Foto: Disney/Pixar

Die Trickser der bewegten Bilder treffen sich zur FMX - ein Gespräch mit Leiter Thomas Haegele.

Stuttgart - Wer wissen möchte, wie Harry Potters Ritte auf dem Besen ermöglicht wurden, ist beim Stuttgarter Fachkongress FMX richtig. Leiter Thomas Haegele, der auch dem Ludwigsburger Animationsinstitut vorsteht, lädt jedes Jahr maßgebliche Schöpfer digitaler Bildwelten nach Stuttgart ein, wo sie ihre Tricks verraten.

Herr Haegele, wo steht die FMX?

Es gibt keine vergleichbare Veranstaltung in Europa, wir beleuchten neue Entwicklungen und pflegen den Wissensaustausch, Weltfirmen wie Disney/Pixar und Industrial Light & Magic (ILM) präsentieren ihre Arbeiten bei uns. Für die Besucher bedeutet das, dass sie von sehr guten Leuten erfahren, wie man was macht, nicht nur technisch, sondern auch gestalterisch. Außerdem suchen hier zunehmend Firmen aus aller Welt gezielt Leute, das ist eine große Gelegenheit für Talente aus der Region, sich vorzustellen.

Einer Ihrer Absolventen, der Animator Saschka Unseld, ist bei Pixar gelandet und hat an Filmen wie "Cars 2" mitgearbeitet. Überwiegt da der Stolz, oder bedauern Sie es auch, wenn solche Talente weggehen?

Jeder Absolvent in Hollywood ist ein Botschafter, der vermittelt, dass diese Region ein guter Animations- und Effektstandort ist. Die alten Kontakte brechen ja nicht ab. 2010 hat die Stuttgarter Firma Pixomondo eine Kooperation mit ILM begonnen und an Filmen wie "Sucker Punch" oder "Iron Man 2" mitgearbeitet, das kam auch zustande, weil die Amerikaner diese Region ernst nehmen.

ILM wurde einst von George Lucas als Effektschmiede für "Star Wars" gegründet, nun stellt die Firma ihren ersten Animationsfilm "Rango" auf der FMX vor . . .

Das Interessante daran ist, dass es der erste Trickfilm ist, der wie ein Realfilm produziert wurde. Sie haben einfach ihren Effekt-Workflow benutzt, die letzten zehn Prozent reale Elemente durch Animation ersetzt und mit dem Live-Action-Regisseur Gore Verbinski gedreht, der die ersten drei Teile von "Fluch der Karibik" inszeniert hat.

Einen Programmteil widmen Sie "Harry Potter" - was gibt es da zu sehen?

Zum einen geben wir einen Ausblick auf den letzten Film, der im Juli startet, zum anderen einen Rückblick auf alle Filme mit Vertretern der wichtigsten Firmen, die rekapitulieren, wie sich die Effekte entwickelt und was sie unterwegs gelernt haben.

Weniger offensichtlich ist fürs Publikum, was es auf der FMX über einen Film wie "The King's Speech" zu reden gibt . . .

Gerade bei historischen Stoffen werden oft sogenannte Set-Extensions eingesetzt, also digital erzeugte Verlängerung der Kulisse, die so nicht mehr existiert und als realer Nachbau sehr teuer wäre. Das wird sicher auch bei Volker Engel zur Sprache kommen, der die Effekte für Roland Emmerichs Shakespeare-Film "Anonymous" gemacht hat, opulente historischen Stadtansichten Londons und Kameraflüge.

Digitale Charaktere lassen sich immer realistischer in reale Umgebungen einfügen, derzeit sind das Alien Paul und der Osterhasensohn Hop im Kino zu bewundern.

Da hat sich sehr viel getan, aber es ist nach wie vor eine Herausforderung, glaubhafte menschliche Charaktere zu erschaffen. "Benjamin Button", dieses alte Kind, war ja noch eher eine Fantasiekreatur, der computeranimierte junge Jeff Bridges in "Tron2" dagegen wirkte wie echt und wird deshalb auf der FMX vorgestellt - von Matthias Wittmann, einem weiteren unserer in Hollywood erfolgreichen Absolventen.

Ein wichtiges Zukunftsthema ist die stereoskopische 3-D-Projektion, die bei Animationsfilmen wie "Toy Story 3" viel bietet, im Realfilm abgesehen von "Avatar" bislang aber eher enttäuschte. Welche Perspektiven sehen Sie?

Das ist weniger eine technische Herausforderung, die Schwierigkeit besteht darin, Geschichten damit zu erzählen, Räume dramaturgisch einzusetzen, sie mal in die Tiefe zu öffnen und dann wieder eng zu machen. Das müssen die Filmleute erst lernen, ähnlich wie bei der Einführung des Tonfilms und später des Farbfilms. Es hat auch einige Zeit gedauert, bis bewusst eine Farbdramaturgie benutzt wurde - zunächst war man mal glücklich, dass alles bunt war.

Arbeiten Ihre Studenten stereoskopisch?

Ja, schon seit über einem Jahr. Sechs Filme sind fertig, die zeigen wir auf der FMX im Rahmen der täglichen Filmakademie-Screenings um 9.30 Uhr. Besonders spannend finde ich die mit Puppentrickanmutung, denn der Look der Figuren wird in stereo sehr haptisch, viel plastischer.

Wie beurteilen Sie den Standard hiesiger Trickfilme im Vergleich zu Pixar-Produktionen wie "Toy Story 3" oder "Cars 2"?

In der Qualität sehe ich nicht so einen großen Unterschied, es ist eine Frage des Geldes. Der "Gruffalo" aus dem Ludwigsburger Studio Soi ist auf seine Art nicht schlechter, aber eben nur eine TV-Produktion mit entsprechendem Budget. Mit 100 Millionen Dollar kann man ganz andere Dinge realisieren als mit 10 Millionen. Die Frage ist letztlich, wie viele Leute wie lange an etwas arbeiten können. Das gilt auch für die Geschichten, für deren Entwicklung sich zum Beispiel Pixar sehr viel Zeit lässt. Deutsche Produzenten müssten versuchen, Projekte für den Weltmarkt zu machen. Dass das möglich ist, hat die französische Produktion "Ich - Einfach unverbesserlich" gezeigt, die in den USA sehr gut gelaufen ist und von der es nun eine Fortsetzung geben wird.