Während die Region auf Rems, Murr und Neckar blickt, hat ein anderes Gewässer den bisher größten Schaden angerichtet. Der Baumbach in Walheim hat am Sonntag einen Kindergarten, Keller und Gärten zerstört. Das Unglück stärkt das Miteinander im Ort.
Am Montagmorgen ist Walheim früh auf den Beinen, die Menschen tragen kaputte Möbel aus ihren Häusern, schrubben den Matsch aus ihrer Einfahrt und telefonieren mit ihrer Versicherung – alle 20 Meter liegt ein Schlauch auf der Straße, über den ein Keller ausgepumpt wird. Grund ist ein Starkregenereignis am Sonntagnachmittag über Löchgau, Erligheim und Walheim. Das meiste Regenwasser floss in den kleinen Baumbach, der sich in kürzester Zeit in einen reißenden Strom verwandelte. Es sei „beklemmend“ zu sehen, welche Kraft die Natur hat, sagt Landrat Dietmar Allgaier, der den Unglücksort besuchte. Ein Rundgang am Montag macht die Ausmaße deutlich.
So etwa hat es in Walheim noch nie gegeben
„Mein Vater hat dieses Haus selbst gebaut, wenn er diese Flut noch erlebt hätte, das hätte er nicht ausgehalten“, sagt Yvonne Schäuffele, die am Montagmorgen den Keller ihres Elternhauses leer räumt. Innerhalb von Minuten sei das Wasser vom 50 Meter entfernten Baumbach in ihre Straße geflossen, habe den Garten des Hauses versenkt und den Keller unter Wasser gesetzt.
Ein Blick in den Keller zeigt die Dimension der Flut. Alles ist verschlammt, überall stehen Pfützen mit brauner Flüssigkeit. An der Wand sieht man noch die hüfthohen Spuren des Wassers. „Zum Glück ist das Erdgeschoss trocken geblieben.“ Schäuffeles Familie packt an diesem Morgen mit an, ein halbes Dutzend Helfer trägt zerstörte Gegenstände aus dem Haus oder versucht Wasser und Schlamm aus dem Keller zu schrubben. Die Helfer gucken sich aber auch Videos vom Vortag auf dem Smartphone an, auf denen Walheimer durch das reißende Wasser waten, um ihre Häuser zu schützen – oder von einem Auto, das von den Wassermassen mitgerissen wurde. Der Baumbach schwelle immer mal wieder an, sagen mehrere alteingesessene Walheimer. So etwas habe bisher aber noch niemand erlebt.
Etwas den Hang hinunter, im Ortskern Walheims, das gleiche Bild: Schlammspuren, Unrat, Sandsäcke und geschäftige Menschen. „Ich wollte eigentlich mit meinem Sohn nach dem Hochwasser am Neckar gucken, dann kam das Gewitter“, sagt Marco Knödler, der in der Walheimer Bachstraße wohnt. Innerhalb weniger Minuten sei das Wasser auf rund einen Meter angestiegen und durch die Straßen und in die Gärten gerauscht.
„Wir haben schnell Sandsäcke vor der Haustür gestapelt“, sagt Knödler. Danach sei er mit seiner Frau rund zwei Stunden auf den Stufen vor dem Haus gesessen, um das Wasser zu schöpfen, das durch die Ritzen zwischen den Sandsäcken drang. Das Haus blieb verschont, dafür ist der Garten komplett verwüstet. „Ich hatte einen Teich mit Goldfischen, keine Ahnung, wie viele von denen noch da sind.“
Positive Signale aus Walheim
Auch die Walheimer Feuerwehr wurde von der Flut überrascht. Die hatte am Sonntag noch Sandsäcke für das Hochwasser im Rems-Murr-Kreis gefüllt, als diese plötzlich im eigenen Ort gebraucht wurden. Die Feuerwehr konnte noch rund 20 Häuser schützen, dann habe man vor allem Keller leer gepumpt – bis 4 Uhr am Morgen – sagt Kommandant Marko Horwath. Personenschäden habe es keine gegeben, die Sachschäden könnten jedoch im siebenstelligen Euro-Bereich liegen, schätzt Horwath. Ein Kindergarten sei komplett zerstört worden, 50 Häuser beschädigt, Straßenbeläge kaputt und Brücken lädiert, so die Bilanz.
Neben der Zerstörung gibt es aber auch positive Signale aus Walheim: Im ganzen Ort stehen die Menschen in kleinen Gruppen zusammen, tauschen sich aus und geben sich Tipps. Auch Landrat Dietmar Allgaier zeigt sich erstaunt über die unmittelbare Unterstützung und den Zusammenhalt. Am Sonntagabend habe es direkt ein „komplettes Miteinander“ gegeben: „Die Menschen stecken den Kopf nicht in den Sand, es war eine Aufbruchstimmung zu spüren.“
Diese Stimmung herrscht auch bei der Helfergruppe um Yvonne Schäuffele. Kummer vernimmt man hier kaum, dafür viel Engagement und den ein oder anderen Witz. Wie es die nächsten Tage weitergeht, wüsste sie aktuell nicht, sagt Schäuffele: „Heute schaffen wir erst mal was weg, den Rest gucken wir dann später.“