Die russische Luftfahrtbehörde warnt vor voreiligen Schlussfolgerungen.. Foto: AP

Für die Fluggesellschaft ist die Sache klar: Weder ihre Piloten noch ein technischer Defekt sind für das Unglück auf dem Sinai mit 224 Toten verantwortlich. Die Luftfahrtbehörde warnt vor voreiligen Schlüssen.

Moskau - Nach dem Absturz einer russischen Passagiermaschine auf der Sinai-Halbinsel in Ägypten kursieren verschiedenste Theorien über die Ursache des Unglücks. Die Fluggesellschaft Metrojet schloss am Montag einen technischen Defekt oder einen Pilotenfehler aus und machte stattdessen eine „äußere Einwirkung“ auf das Flugzeug für den Absturz mit 224 Toten verantwortlich. Die russische Luftfahrtbehörde erklärte hingegen, es sei noch viel zu früh für solche Schlussfolgerungen.

Der stellvertretende Generaldirektor von Metrojet, Alexander Smirnow, ging nicht ins Detail, was er mit „äußerer Einwirkung“ meinte. Er wollte auch nichts dazu sagen, ob das Flugzeug von außen etwa durch eine Rakete getroffen wurde oder ein äußerer Faktor - ausgelöst durch ein Wetterphänomen - zu dem Absturz führte. Der französische Luftfahrtexperte Robert Galan wertete Smirnows Aussagen als Hinweise auf eine Bombe oder eine Sabotage der Maschine.

Sie war am Samstag auf dem Flug vom ägyptischen Badeort Scharm el Scheich nach St. Petersburg abgestürzt. Das große Gebiet, in dem Trümmerteile des A321-200 gefunden wurden, deutet nach Angaben der russischen Luftfahrtbehörde darauf hin, dass der Jet in hoher Flughöhe auseinanderbrach. So etwas könne nicht durch einen technischen Defekt passieren, sagte Smirnow. Die Maschine habe in der Minute vor dem Absturz 300 Stundenkilometer Geschwindigkeit und 1,5 Kilometer Höhe verloren. Außerdem habe die Besatzung keinen Notruf abgesetzt, fügte sein Kollege Viktor Jung hinzu. Er widersprach damit Informationen aus Ägypten, wonach der Pilot ein technisches Problem gemeldet und eine Notlandung angekündigt habe.

Experten wollen Flugschreiber auswerten

Ermittler suchten am Montag in einem Radius von 30 Kilometern um die Absturzstelle nach weiteren Leichen und Trümmerteilen, die Aufklärung über die Unglücksursache bringen sollen. Noch lägen für handfeste Aussagen aber nicht genügend Informationen vor, sagte der Leiter der russischen Luftfahrtbehörde, Alexander Neradko, in Kairo. Unter anderem müssten von russischen Experten und Fachleuten aus Ägypten, Frankreich, Deutschland und Irland erst die Flugschreiber ausgewertet werden. Die Angaben von Metrojet seien verfrüht und basierten nicht auf Fakten.

Keiner der 224 Insassen überlebte den Absturz des Flugzeugs 23 Minuten nach dem Start. Mit einer Regierungsmaschine wurden am Montagmorgen 130 Leichname und 40 Leichenteile nach St. Petersburg zur Identifizierung überstellt. Ein zweiter Flug war für den späten Abend geplant, wie der russische Katastrophenschutzminister Wladimir Putschkow sagte. Er versprach, so lange weiterzusuchen, bis alle Opfer gefunden seien.

Ein örtlicher Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat, der im Nordsinai aktiv ist, hatte behauptet, das Flugzeug abgeschossen zu haben. Russische Ermittler und einige Militärexperten halten es für kaum möglich, dass der IS über die nötigen Raketen und die Expertise für eine solche Attacke verfügt. Wahrscheinlicher sei, dass eine Bombe an Bord platziert worden sei, sagte der britische Fachmann Paul Beaver. US-Geheimdienstdirektor James Clapper betonte, ein IS-Terrorakt könne nicht ausgeschlossen werden. Aber: „Wir haben noch keine direkten Beweise für eine terroristische Beteiligung“.