Luftfahrtbranche im Umbruch: Viele rechnen mit steigenden Preisen. Foto: go_nils/flickr

Das Ende von Air Berlin nützt vor allem der Lufthansa. Auf einzelnen Strecken haben sich die Ticketpreise schon verdoppelt. Nun prüfen die Kartellbehörden, wo künftig der Wettbewerb fehlen könnte.

Ortsmarke - Das Schlusskapitel von Air Berlin hat begonnen. Am 27. Oktober starten die letzten rot-weißen Jets, am Tag darauf wird mit der Eröffnung des abschließenden Insolvenzverfahrens der Flugbetrieb unter dem Code AB eingestellt. Damit endet nach 40 Jahren eine Ära im deutschen Luftverkehr – und vom größten deutschen Konkurrenten der Lufthansa bleibt wohl nicht mal der Name übrig.

Was bedeutet das für die Ticketpreise? Wird Fliegen nun teurer, vor allem im Inland? Der Verband Deutsches Reisemanagement (VDR), der als Geschäftsreiseverband die Interessen deutscher Wirtschaftsunternehmen vertritt, warnte bereits vor Wochen, dass die Preise bei der Lufthansa anziehen. Seit das Ende von Air Berlin besiegelt ist, gab es teils massive Preissprünge. So verteuerten sich vorige Woche Hin- und Rückflüge zwischen Stuttgart und Berlin für Mitte November bei Eurowings von einem Tag auf den anderen von 200 auf mehr als 400 Euro.

Die großen Konzerne werden mächtiger

Dieser Effekt ist zunächst damit zu erklären, dass Reisende, die bisher mit Air Berlin flogen, nun rasch auf andere Maschinen umbuchen müssen. Das kann kurzfristig die Preise bei alternativen Anbietern stark in die Höhe treiben. Denn die Preissysteme der Airlines sind so programmiert, dass mit wachsender Nachfrage und Auslastung für einen Flug die Tickets automatisch teurer werden. Deshalb lohnt sich meist frühes Buchen.

Bei Eurowings heißt es auf Anfrage, im November liege der durchschnittliche Ticketpreis auf der Strecke Stuttgart–Berlin bei 86 Euro. Das ändert nichts daran, dass auf längere Sicht das Fliegen kaum noch billiger werden dürfte. Allein in diesem Jahr düsten mit Air Berlin, der britischen Monarch Airlines sowie Alitalia bereits drei große Airlines wegen riesiger Verluste in die Pleite. Damit schrumpft die Zahl der Anbieter, die großen Konzerne werden mächtiger.

Kartellbehörden müssen noch zustimmen

Wie die Lufthansa, die nun auch Teile von Alitalia übernehmen will. Schon mit dem vereinbarten Kauf von 81 der zuletzt noch gut 130 Flieger der insolventen Air Berlin könnte der deutsche Marktführer seine starke Stellung weiter ausbauen. Auf einigen Airports und wichtigen Verbindungen würden Lufthansa und die Tochterfirmen Eurowings, Germanwings, Austrian Airline, Swiss und Brussels Airlines so dominant werden, dass der Konzern an der Preisschraube drehen kann und für Reisende das Fliegen deutlich teurer wird.

Bisher aber ist offen, ob die Kartellbehörden erlauben, dass die deutsche Nummer eins fast zwei Drittel der Flotte der bisherigen Nummer zwei übernimmt. Bis Anfang nächsten Jahren könnten die Prüfungen der EU-Kommission dauern, die vom Bundeskartellamt unterstützt werden. Auflagen gelten als wahrscheinlich. Denn nicht nur Ryanair, der größte Konkurrent der Lufthansa in Europa, protestiert gegen die Übernahme.

Ryanair-Vorstandschef Michael O’Leary wirft der Bundesregierung ein abgekartetes Spiel zur Stärkung des deutschen Vorzeigeunternehmens vor, warnt vor höheren Preisen und hat bereits wegen der Staatshilfe für Air Berlin Beschwerde in Brüssel eingereicht. Nach Angaben von Ryanair würde der Marktanteil des Lufthansa-Konzerns im deutschen Inlandsverkehr von 68 auf 95 Prozent wachsen, auf den Auslandsverbindungen von 47 auf 60 Prozent.

Lufthansa bekäme noch mehr Marktmacht

Gerade auf wichtigen Basen von Air Berlin wie Berlin, Düsseldorf, Wien und Palma de Mallorca, aber auch in Stuttgart bekäme Lufthansa mit der Übernahme der lukrativen Start- und Landerechte noch mehr Marktmacht. So will Eurowings die Karibik- und USA-Flüge zum Beispiel ab Düsseldorf dauerhaft übernehmen. Auch den nicht insolventen Ferienflieger Niki hat Lufthansa gekauft, wodurch der Konzern, der bereits die Austrian geschluckt hat, besonders in Österreich noch dominanter würde.Bei der Lufthansa will man vor allem während der Prüfungen der Kartellbehörden den Eindruck vermeiden, dass der Konzern seine Marktposition ausnutzen könnte. Vorstandschef Carsten Spohr verweist auf die weiterhin heftige Konkurrenz durch Billigflieger in ganz Europa und den Preisdruck durch Airlines aus den Golfstaaten und Asien im internationalen Verkehr. Auch Eurowings-Chef Thorsten Dirks betont, man plane „keine Preiserhöhung auf breiter Front“. Zum Beweis will die Lufthansa-Tochter am Wochenende eine Million Tickets ab 29,99 Euro anbieten. Dieser Startpreis bleibe auch künftig erhalten, verspricht der Sprecher Klaus Pokorny auf Anfrage. Die Konkurrenz am Himmel Europas werde weiter zunehmen und damit der Druck auf die Preise. Rund 160 Airlines, die von und nach Deutschland fliegen, lieferten sich einen intensiven Wettbewerb. Und allein die führenden Billigflieger hätten 400 weitere Flieger bei Boeing und Airbus bestellt.

Der Markt bleibt in Bewegung

Umwelt- und Bahnverbände sehen in steigenden Flugpreisen kein Drama. „Fliegen ist die umwelt- und klimaschädlichste Art zu reisen, viel zu billig geworden und wird einseitig und ungerecht subventioniert“, kritisiert Dirk Flege, Chef der Allianz pro Schiene. So würden Kerosin und Auslandsflüge nicht besteuert, während die umweltschonende Bahn hohe Abgaben zahlen müsse. Falls die neue Regierung die Luftverkehrssteuer streiche, warnt Flege, werde das Ungleichgewicht noch größer. Das sei nicht zu verantworten – zumal insbesondere im Inland die Bahn eine attraktive Alternative biete, wie etwa mit der neuen Schnellstrecke Berlin–München.

Unterdessen bleibt der Markt in Bewegung. Der Reisekonzern Thomas Cook gründet eine eigene Airline für die beliebte Ferieninsel Mallorca. Thomas Cook Airlines Balearics werde im Frühjahr 2018 mit mindestens drei Airbus A320 an den Start gehen, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Die neue Flugzeuggesellschaft soll zunächst Kurz- und Mittelstreckenflüge für den zum Konzern gehörenden Ferienflieger Condor durchführen. Zur Hauptsaison musste Condor häufig Flieger von anderen Airlines samt Crew mieten. Die neue Gesellschaft soll einen Teil dieser sogenannten Subcharter ersetzen.