Für die umstrittene neue Flugroute schlägt die Fluglärmkommission einen Kompromiss vor. Sie soll zwischen 6 und 8 Uhr morgens nicht mehr geflogen werden. Das Votum ist aber nicht bindend. Die Entscheidung liegt beim Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung.
Mit einem Kompromissantrag wendet sich die Fluglärmkommission für den Flughafen Stuttgart nun wegen der neuen Route für Flüge in Richtung Süden wieder an das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF). In den Morgenstunden zwischen 6 und 8 Uhr soll die neue Strecke künftig nicht mehr geflogen werden. Mit einer Mehrheit von acht Stimmen bei fünf Gegenstimmen und zwei Enthaltungen ging dieser Antrag durch. „Wir werden ihn noch vor Weihnachten einreichen“, sagte der Vorsitzende Christof Bolay nach der Sitzung der Fluglärmkommission.
Deren Vertreter tagten am Montag in Denkendorf. Wie das BAF darüber entscheiden wird, vermag der Oberbürgermeister von Ostfildern nicht zu sagen. Denn das Votum der Kommission wird dort zwar als Empfehlung, aber nicht als bindend angesehen. Obwohl sich in der jüngsten Sitzung im Sommer eine knappe Mehrheit des Gremiums gegen die neue Route ausgesprochen hatte, entschied das BAF im Juni, dass diese nach dem einjährigen Probebetrieb dauerhaft geflogen wird. Besonders betroffen sind Denkendorf, Neuhausen, Wolfschlugen und Aichtal sowie die Nürtinger Stadtteile Hardt und Oberensingen. Dagegen sprechen Bürgerinnen und Bürger aus dem Neckartal von einer deutlichen Entlastung. Die Bürgermeister von Altbach und Deizisau sind seit Februar 2022 neu in der Kommission vertreten.
Flughafen Stuttgart: Initiative will, dass neue Route aufgegeben wird
Im Vorfeld der Sitzung hatte die Bürgerinitiative „Vereint gegen Fluglärm“ dafür geworben, die neue Flugroute wieder aufzuheben. Mit einer Aktion, bei der nach den Worten des Sprechers Rolf Keck 7500 Postkarten verschickt wurden, machte die Initiative gegen die neue Flugroute mobil. Die Karten gingen an Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der auch Grünen-Abgeordneter im Wahlkreis Nürtingen/Filder ist, an den Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und an Flughafendirektor Ulrich Heppe.
Die Erwartungen der Bürgerinitiative an die Sitzung der Fluglärmkommission sind nicht erfüllt worden. „Die bei der letzten FLK-Sitzung verpasste, offizielle Empfehlung zur Aufhebung der neuen Flugroute an das BAF muss nachgeholt werden“, hatte Rolf Keck gefordert. Das bereits dokumentierte, klare Nein zu neuen, verkürzten Abflugverfahren am Flughafen Stuttgart müsse wieder Bestand haben, sind die Mitglieder der Initiative überzeugt. Darüber wurde nach den Worten des FLK-Vorsitzenden in der Sitzung in Denkendorf jedoch nicht befunden.
Fluglärm-Initiative: „Wir werden im Protest nicht nachlassen“
Der Initiativensprecher Keck erneuerte seine heftige Kritik am Verfahren: „Dieses Vorgehen ist unfassbar und untergräbt jedes Vertrauen in demokratische Entscheidungsprozesse und Institutionen. Wir werden das immer und immer wieder publik machen und in unserem Protest gegen die neue Flugroute nicht nachlassen und leise werden.“ Bereits Ende November hatten sich Verwaltungschefs aus dem Kreis Esslingen und darüber hinaus an Karsten Baumann, den Direktor es BAF in Langen, gewandt. Das Verfahren und die konkreten Umstände hätten diese Flugroutenänderung „zu einem skandalösen Vorgang“ gemacht.
Nun muss das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung entscheiden, ob dem Kompromissantrag der FLK gefolgt wird. Während des einjährigen Probebetriebs hat die Deutsche Flugsicherung (DFS) einen Erfahrungsbericht über das neue Abflugverfahren erstellt, das am 23. Februar 2023 zum ersten Mal geflogen wurde. An 196 Tagen gab es demnach keinen Abflug auf der neuen Route, weil diese nur an Tagen mit Ostwind geflogen werden kann.