Nicht alle Beschwerden gegen Fluglärm müssen in der Statistik erscheinen. Foto: dpa

Ständige Beschwerden fallen beim Fluglärmbeauftragten für den Flughafen Stuttgart in der Statistik durch den Rost. Dagegen klagte Curt Günther aus Stuttgart-Vaihingen, weil er eine Verfälschung darin sieht.

Stuttgart - In der jährlichen Statistik über Beschwerden wegen Fluglärms werden die Eingaben von sogenannten Dauerbeschwerdeführern weiterhin durch den Rost fallen. Curt Günther aus Stuttgart-Vaihingen hatte dagegen zwar geklagt, doch vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart musste er jetzt eine Schlappe hinnehmen.

Der Kläger habe kein subjektives Recht darauf, dass seine Beschwerden in der Fluglärmstatistik des Regierungspräsidiums auch dann auftauchen, wenn sie zahlenmäßig mehr als fünf Prozent aller Beschwerden in einem Jahr ausmachen, entschied die 3. Kammer des Verwaltungsgerichtes. Auch im Grundgesetz mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Demokratieprinzip entdeckten die Richter keine Handhabe im Sinne des Klägers. Zur Erstellung der Statistik sei das Land nicht verpflichtet. Sie habe „keine individuellen Auswirkungen auf den Einzelnen“. Keiner habe einen Anspruch darauf, dass seine Beschwerde hier aufgeführt werde. Jenseits der Statistik, die die örtliche Verteilung der Beschwerden auf das Flughafen-Umfeld zeigt, seien aber auch Curt Günthers Beschwerden verzeichnet und bearbeitet worden, erklärten der Anwalt des Landes und der Vorsitzende Richter.

Der Kläger und sein Anwalt hielten dagegen. Die Fünf-Prozent-Marge sei willkürlich gewählt. Wenigstens bis zu dieser Marge müsste alles gezählt werden, höchstens die darüber hinausgehenden Beschwerden sollten unberücksichtigt bleiben. Für die Öffentlichkeit werde die Lage falsch dargestellt, wenn das Regierungspräsidium beispielsweise wie 2013 verkünde, die Zahl der statistisch erfassten Beschwerden sei um 33 Prozent gesunken. Bei einem derartigen Vorgehen verliere der Bürger die Lust auf die Beteiligung am demokratischen Prozess, und er werde vom Gefühl der Hilflosigkeit beschlichen. Außerdem handle es sich nicht nur um Beschwerden des Klägers. Viele habe Günther für die rund 120 anderen Mitglieder der Bürgerinitiative Fluglärm Stuttgart weitergeleitet.

„Ein Urteil knapp neben der Rechtsbeugung“

Dann aber, wandte der Vorsitzende Richter Schaber ein, könne er bei der Weitergabe doch die Namen der jeweiligen Beschwerdeführer nennen, und das Problem wäre pragmatisch gelöst. Auf der anderen Seite, sagte Schaber, könnte das Land sich ein Beispiel nehmen an der Situation am Flughafen Hamburg. Dort werde in der Statistik auch gewichtet, Dauerbeschwerdeführer würden aber trotzdem aufgeführt.

Günther und sein Anwalt schüttelten den Kopf. Eine Bürgerinitiative lebe auch davon, dass sie als Sammlerin der Interessenbekundungen und Beschwerden auftrete. Zudem wisse man nicht, ob den Mitgliedern die Weitergabe ihres Namens recht wäre. Der Rechtsvertreter des Landes mochte sich ebenfalls nicht auf einen Änderung der Praxis einlassen. „Durchentscheiden!“, forderte er die Kammer auf. Das Gericht tat es und hielt in der Begründung fest, man habe ausschließlich die Regelung für den Flughafen Stuttgart zu beurteilen – und die Rechtslage. Ein subjektives Recht habe der Einzelne eben nicht.

Curt Günther schmeckt das gar nicht. „Ein Urteil knapp neben der Rechtsbeugung“, urteilt er. Er will weitermachen, „und wenn es bis Brüssel geht“. Erst einmal muss er es aber nach Mannheim schaffen. Berufung ist nur möglich, wenn der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg sie zulässt.

So oder so dürfte mit Günther weiter zu rechnen sein. Als Anwohner des Freibads Vaihingen hat er sich auch schon vehement gegen Lärm vom Bad verkämpft. Und auch da denkt er an eine neue Runde.