Der Stuttgarter Flughafen ist ein Energiefresser, profitiert aber beim Öko-Rabatt. Foto: Leif Piechowski

Der Energiefresser Flughafen Stuttgart umgeht über eine Tochterfirma die Ökostromabgabe nach dem Erneuer­baren-Energie-Gesetz (EEG). Eine Steilvorlage für einen grünen Verkehrs­minister? Bisher nicht, Winfried Hermann reagiert auf die Debatte um einen offenbar korrekten Vorgang abwartend.

Stuttgart - In der Debatte, wer die von der Bundesregierung eingeleitete Energiewende bezahlen muss, ist der Flughafen Stuttgart in die Kritik geraten – mit bundesweitem Echo. „Hermann möchte Trickserei aufklären“ meldet jüngst die Deutsche Presseagentur. „Die Welt“ titelt auf ihrer Internetseite in einem ähnlichen Sprachduktus. Bei genauerem Hinsehen offenbart sich eine Vorgang, der rechtlich korrekt abgelaufen ist, den man moralisch hinterfragen kann und der geeignet ist, die momentane Aufgeregtheit um die Energiewende zu befeuern.

Die Flughafen Stuttgart GmbH hat im Jahr 2008 eine Tochterunternehmen gegründet. Einziges Ziel war es, über die Flughafen Stuttgart Energie (FSE) eine Befreiung von der Ökostromabgabe im Rahmen des EEG zu erwirken. Mit diesen Einnahmen fördert der Bund seit 2004 den Ausbau umweltfreundlicher Energie. Das Gesetz sieht vor, Firmen des produzierenden Gewerbes mit hohem Energieverbrauch finanziell zu entlasten und so wettbewerbsfähig zu halten.

Die Flughafen-Tochter FSE kauft und erzeugt Energie, demnächst auch über ein neues Blockheizkraftwerk. Zugleich ist die FSE „Stromversorgungsunternehmen für alle Firmen am Flughafen“, sagt Flughafen-Sprecher Volkmar Krämer. Damit hatte der Flughafen erreicht, was er wollte. Moralisch verwerflich oder clever? Als Unternehmen für Wärme- und Kälteversorgung – laut EEG produzierendes Gewerbe – waren zumindest alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, um keine Ökostromabgabe bezahlen zu müssen. Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle hat das gegenüber dieser Zeitung bestätigt.

Bundesweit profitieren 734 Unternehmen vom Ökostromrabatt, in Baden-Württemberg gibt es 101 Ausnahmen

Rund vier Jahre lang hat der Vorgang niemanden interessiert. Nun, da Deutschland kontrovers über die Kosten der Energiewende diskutiert, werden Detail zur FSE publik. Das Unternehmen habe angeblich „kein geschäftliches Innenleben“ und beschäftige lediglich einen Geschäftsführer, dem auch noch ein Dienstwagen zustehe. Gemeint ist wohl: Die Energie-Tochter des Flughafens mogelt sich als eine Art Briefkastenfirma um Abgaben herum. Winfried Hermann, grüner Verkehrsminister und qua Amt oberster Wächter über das Landesunternehmen Flughafen, möchte demnächst im Aufsichtsrat darüber sprechen. Also „Trickserei aufklären“? – Mitnichten muss Flughafenchef Georg Fundel zum Rapport antreten. „Im Zuge der Medienberichterstattung möchte sich Herr Minister Hermann einfach den Sachverhalt berichten lassen. Dafür ist die nächste Aufsichtsratssitzung eine gute Gelegenheit“, so einen Sprecherin milde.

Bundesweit profitieren 734 Unternehmen vom Ökostromrabatt, in Baden-Württemberg gibt es 101 Ausnahmen, unter anderem für die Stuttgarter Straßenbahnen und die Zweckverbände Landeswasser- und Bodenseewasserversorgung. Auch andere Flughäfen umgehen die Ökostromabgabe ähnlich wie der Stuttgarter Airport, etwa in Berlin.

Von 2013 an fällt die Vergünstigung für viele Unternehmen weg, auch für die FSE. Bisher ist laut Flughafen-Sprecher Krämer nicht geplant, die Firma wieder aufzulösen.