Nachmittags kann man am Langen See in Böblingen die Sonne genießen. Abends feiern hier vor allem am Wochenende gerne Jugendliche Foto: factum/Granville

Der Lange See am Böblinger Flugfeld hat sich zu einem beliebten Treff von Jugendlichen aus der ganzen Region Stuttgart entwickelt. Die Polizei und ein Streetworker zogen nun ein positive Bilanz ihrer Arbeit.

Böblingen - Weniger Schlägereien, weniger Sachbeschädigungen, weniger Beschwerden von Anwohnern – die Streetworker, die seit Mai an jedem Wochenende auf dem Flugfeld rund um den Langen See unterwegs sind, haben sich gleich in ihrer ersten Saison bewährt. Diese Bilanz zog nun die Versammlung des Zweckverbands Flugfeld.

Das Flugfeld als gemeinsamer Stadtteil von Sindelfingen und Böblingen hat sich zu einem beliebten Treffpunkt für junge Leute entwickelt. Die Besucher kommen aus Sindelfingen und Böblingen, Aidlingen, Herrenberg, Holzgerlingen, aus Schorndorf und Stuttgart. Vor allem an den Freitag- und Samstagabenden im Sommer ist die Treppe am Langen See dicht bevölkert. Junge Frauen und Männer feiern und chillen dort. Und der Zweckverband ist stolz darauf, dass dieses Areal so gut angenommen wird.

Die Anwohner sehen das etwas anders. Immer wieder gab es Beschwerden über liegengelassenen Müll und Scherben am See, aber auch auf dem Kinderspielplatz und am Kindergarten ganz in der Nähe. Nachbarn klagten über Lärm. Auch die Polizei musste immer wieder anrücken, wenn Streitereien in Schlägereien ausarteten. Regelmäßig patrouillierten deshalb Beamte und Sicherheitsdienstmitarbeiter über das Flugfeld.

Zweckverband finanziert Stelle eines Sozialarbeiter

„Doch uns ist klar, das wird nur mit Polizei und Repressalien nicht funktionieren. Wir brauchen auch einen pädagogischen Ansatz“, hatte Peter Brenner, der Geschäftsführer des Zweckverbands Flugfeld, Anfang des Jahres gesagt. Er kontaktierte den Verein für Jugendhilfe, der seinen Sitz nur wenige Hundert Meter vom Langen See entfernt hat. Der Zweckverband zahlt die 50-Prozent-Stelle des Sozialarbeiters Matthias Rau. Der Verein für Jugendhilfe hat sie um weitere 30 Prozent aufgestockt – und erhält dafür Geld vom Land.

Regelmäßig von Donnerstag bis Samstag war Rau in den vergangenen Monaten abends auf dem Flugfeld unterwegs. Seine Aufgabe: die jungen Leute anzusprechen, sie auf Probleme wie Müll oder Lärm hinzuweisen, auch mal einen Streit zu schlichten. Außerdem steht Rau den jungen Leuten als Ansprechpartner zur Verfügung, leitet sie weiter an Beratungsstellen, wenn sie beispielsweise Fragen zum Thema Bewerbungen oder Probleme mit Drogen haben. Begleitet wird Rau von Mitarbeitern der Mobilen Jugendarbeit Böblingen und Sindelfingen.

Bis zu 300 Leute an einem Freitagabend

Parallel dazu hat die Polizei ihre Kontrollen verstärkt. „Dieses Prinzip der Arbeitsteilung hat sich bewährt“, sagte Erwin Grosser von der Polizei. Und belegte dies mit Zahlen: „2014 registrierten wir 30 Fälle von Körperverletzung, dieses Jahr waren es nur 17. Auch die Drogendelikte seien zurückgegangen, von 16 auf 13, „obwohl wir mehr kontrollieren“, so Grosser. Günther Henne, der Leiter des Böblinger Ordnungsamts, berichtete, dass es im Jahr 2012 noch 269 Sachbeschädigungen gegeben habe, dieses Jahr 160. Zwei Hundeführer patrouillieren abends über das Areal.

Am stärksten frequentiert sei das Flugfeld an Freitagabenden, sagt Rau. „Das hat regelrechten Event-Charakter.“ Im Schnitt registrierte der Streetworker im Juni freitags 108 Besucher am See. „Einmal waren es sogar mehr als 300.“ Auffallend sei, dass im Vergleich zu anderen öffentlichen Treffs auf dem Flugfeld viele Mädchen dabei seien. Sie stellten 40 Prozent der Besucher.

Dauerthema Müll

Künftig will der Pädagoge gelegentlich auch einen Alkomaten mitnehmen, um die Jugendlichen für maßvollen Alkoholkonsum zu sensibilisieren. Auch das Dauerthema Müll möchte er anpacken. Seine Idee: ein Belohnungssystem. Die Jugendlichen sollen fünf Euro für eine volle Mülltüte erhalten, wenn sie unter der Aufsicht des Sozialarbeiters den Abfall einsammeln. Diese Idee stieß bei den Mitgliedern der Zweckverbandsversammlung, die ansonsten die Arbeit von Rau lobten, jedoch auf wenig Begeisterung. „Das führt dazu, dass die Jugendlichen auch woanders ihren Müll nur wegräumen, wenn sie dafür Geld bekommen. Aber eigentlich sollte das selbstverständlich sein“, meinte der Sindelfinger CDU-Stadtrat Walter Arnold.

Einig war man sich, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. „Wir wollen den Jugendlichen möglichst viel Freiheit lassen, aber, wo nötig, Grenzen aufzeigen“, sagte der Böblinger OB Wolfgang Lützner.