Zuletzt waren nach monatelanger Pause Mitte September acht abgelehnte Asylbewerber aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hamburg nach Kabul abgeschoben worden. (Archivbild) Foto: dpa

In der vergangenen Woche starben in Afghanistan bei Anschlägen und Angriffen von Islamisten knapp 250 Zivilisten und Sicherheitskräfte. Dennoch werden in Deutschland abgelehnte Asylbewerber weiter dorthin abgeschoben. Der nächste Flug nach Kabul steht kurz bevor.

Leipzig - Vor einem weiteren Sammelcharterflug nach Kabul hat der Chef der Innenministerkonferenz Abschiebungen nach Afghanistan trotz dort angespannter Sicherheitslage verteidigt. Die Innenminister hätten sich im Juni darauf verständigt, dass es möglich sei, Gefährder, Straftäter und Ausreisepflichtige, die eine Mitwirkung bei der Feststellung der eigenen Identität verweigern, in bestimmte Regionen Afghanistans abzuschieben, sagte Sachsens Ressortchef Markus Ulbig (CDU) am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. „Für mich ist diese Einigung nicht nur vernünftig, sondern auch noch immer bindend.“

Außerdem habe das Auswärtige Amt im Juli erneut bestätigt, „dass unter Berücksichtigung der Umstände jedes Einzelfalls eine Abschiebung in bestimmte Regionen verantwortbar und möglich ist.“

Am Flughafen Leipzig/Halle, wo die Maschine nach dpa-Informationen am Dienstagabend Richtung Kabul starten sollte, wurde am Morgen bereits demonstriert. Nach Angaben der Organisatoren protestierten rund 150 Abschiebungsgegner mit Transparenten gegen die Zwangsmaßnahme. „Wir wissen nicht, wer in der Maschine sitzt, aber auch Strafgefangene dürfen nicht Gefahren ausgesetzt werden“, sagte die sächsische Linken-Politikerin Juliane Nagel. Erst am Wochenende habe es in Kabul wieder Anschläge mit zahlreichen Opfern gegeben.

Insgesamt waren in der vergangenen Woche bei Anschlägen und Angriffen von Islamisten knapp 250 Zivilisten und Sicherheitskräfte getötet worden. Bund und Länder müssten „die traurige Realität im Kriegs- und Krisengebiet zur Kenntnis nehmen“ und den Flug absagen, forderte auch Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Dass die Abschiebung am Tag der Konstituierung des Bundestages erfolgen sollte, nannte er „eine verantwortungslose Verneigung vor Rechtspopulisten“.

Ulbig wollte zu dem geplanten Flug nichts sagen

Ulbig wollte zu dem geplanten Flug nichts sagen. „Ich äußere mich grundsätzlich nicht öffentlich zu Einzelheiten einer noch nicht vollzogenen Rückführung.“ Das sei im Sinne und zum Schutz der betroffenen Ausreisepflichtigen, aber auch der Mitarbeiter der Ausländerbehörden und der Polizei.

„Wer nach einem abgeschlossenen Asylverfahren und Inanspruchnahme aller rechtsstaatlichen Mittel bei uns kein Bleiberecht hat, muss unser Land verlassen“, betonte Ulbig. Die konsequente Rückführung sei notwendig, um das Asylsystem funktionsfähig zu halten. Zugleich sei sie Voraussetzung für die Akzeptanz der Asylpolitik bei den Bürgerinnen und Bürgern.

Zuletzt waren nach monatelanger Pause Mitte September acht abgelehnte Asylbewerber aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hamburg nach Kabul abgeschoben worden. Grund für die Pause der seit Dezember 2016 ansonsten monatlichen Abschiebungen war ein massiver Anschlag mit rund 150 Toten nahe der deutschen Botschaft in Kabul im Mai.

Danach hatten Bund und Länder Abschiebungen nach Afghanistan auf drei Gruppen beschränkt: Straftäter, Gefährder - also Menschen, denen die Polizei einen Terrorakt zutraut -, und jene, die „hartnäckig ihre Mitarbeit an der Identitätsfeststellung“ verweigern.