Die Türkei reagiert (Symbolbild). Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Flughäfen in der Türkei waren bislang wichtige Drehkreuze für Migranten, die zur illegalen Einreise in die EU nach Belarus fliegen wollten. Damit dürfte es nun vorbei sein. Nach Sanktionsdrohungen reagieren die türkischen Behörden.

Ankara - Die EU verzeichnet im Flüchtlingskonflikt mit Belarus bei ihren Bemühungen zur Eindämmung des Andrangs von Migranten erste Erfolge: Als erstes Land verbot die Türkei am Freitag nach eigenen Angaben Staatsangehörigen aus Syrien, dem Irak und dem Jemen Abflüge von türkischen Flughäfen nach Belarus. Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze blieb indes angespannt: Minsk und Moskau gaben gemeinsame Militärmanöver nahe der Grenze bekannt. 

Die EU wirft dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, als Vergeltung für Sanktionen Migranten überwiegend aus dem Nahen Osten gezielt an die Grenzen der EU-Staaten Lettland, Litauen und Polen zu schleusen. Die EU-Kommission hat den Verdacht, dass Minsk bei den Flüchtlingsflügen Hilfe weiterer Länder erhält.

Brüssel steht deshalb seit Tagen in Kontakt insbesondere mit Ländern im Nahen Osten. Die türkischen Behörden untersagten am Freitag Menschen aus Syrien, dem Irak und dem Jemen Flüge nach Belarus und begründeten dies mit dem „Problem illegaler Grenzübertritte zwischen der Europäischen Union und Belarus“.

Die wichtigste belarussische Fluggesellschaft Belavia kündigte an, sich an die Anordnung zu halten. Istanbul ist mit zwei internationalen Flughäfen ein wichtiges Drehkreuz für den Flugverkehr zwischen dem Nahen Osten und Europa.

EU will ihren Kurs noch einmal verschärfen

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, war in der Sache am Freitag in den Libanon gereist. Es gebe „Fortschritt an allen Fronten“, sagte er nach einem Treffen mit dem libanesischen Präsidenten Michel Aoun. Am Tag zuvor hatte er bereits Gespräche zum Thema in Dubai geführt. 

Nächste Woche will er in weitere Länder der Region reisen. Europa zähle gerade „in gewisser Weise seine Freunde und wir sind sehr froh, dass wir viele haben“, sagte er.

Im Konflikt mit Belarus wird die EU ihren Kurs noch einmal verschärfen: Beim EU-Außenministertreffen am Montag würden die Sanktionen auf Personen erweitert, „die mittelbar oder unmittelbar“ die Schleusungen von Migranten nach Belarus unterstützten, sagte Maas der „Rheinischen Post“ und dem „Bonner General-Anzeiger“. Auch Strafmaßnahmen gegen beteiligte Airlines schloss er nicht aus.

An der EU-Außengrenze in Polen sitzen derzeit tausende Migranten vor allem aus dem Nahen Osten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt fest. Polen hat wegen des Andrangs 15.000 Soldaten in dem Gebiet stationiert.

Belarus und das verbündete Russland gaben am Freitag gemeinsame Militärübungen in der belarussischen Region Grodno nahe der polnischen Grenze bekannt. Das Verteidigungsministerium in Minsk begründete den Schritt mit der „Zunahme militärischer Aktivität“ nahe der belarussischen Grenze. 

Viele Migranten wollen nach Deutschland

Von Lukaschenkos Drohung, im Falle neuer EU-Sanktionen Gaslieferungen nach Europa zu stoppen, hatte sich der Kreml zuvor jedoch distanziert. Russland „ist und bleibt ein Land, das alle seine Verpflichtungen zur Lieferung von Gas an die europäischen Verbraucher erfüllt“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag. Die Jamal-Europa-Pipeline, die russisches Gas nach Europa transportiert, verläuft auch durch belarussisches Gebiet. 

In einem provisorischen Lager im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus harren derzeit mehr als 2000 Migranten unter schwierigsten Bedingungen aus. Zehn Menschen kamen laut einem Bericht der polnischen Zeitung „Gazeta Wyborcza“ in den vergangenen Wochen dort bereits ums Leben.

Viele der Migranten hoffen, über Belarus nach Deutschland zu gelangen. Die Bundespolizei registrierte nach eigenen Angaben bis Donnerstag 1488 unerlaubte Einreisen seit Anfang November. Insgesamt seien damit seit Jahresbeginn 9329 unerlaubte Einreisen über Belarus erfolgt, teilte die Behörde am Freitag mit.