Die Zimmer in der neuen Unterkunft für Ukrainer in Kornwestheim Foto: Simon Granville

Für 1,5 Millionen Euro hat Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) eine Unterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine errichtet. Bis Ende des Jahres sollen dort 38 Menschen einziehen. Ob es tatsächlich so kommt und ob dann die Integration gelingt, ist fraglich.

„Vereinzelt haben wir Kritik gehört, dass wir hier Unterbringungen anbieten, die über dem geforderten Mindeststandard liegen“, sagte Kornwestheims Oberbürgermeister Nico Lauxmann am Mittwochnachmittag bei der Einweihung der neuen Unterkunft für Ukraine-Flüchtlinge im Moldengraben. Die Räume seien mit 14 statt sieben Quadratmetern tatsächlich größer als notwendig, das sei aber auch gerechtfertigt, weil man eine „konfliktfreie Wohnanlage“ wolle. Soll heißen, mehr Platz für jeden einzelnen verringere das Konfliktpotenzial untereinander.

 

Wahrscheinlich wegen solcher Kritik hat die Stadt sich dazu entschieden, die Einweihung der Unterkunft für 80 Ukrainer mit einem Tag der offenen Tür zu verknüpfen. Einige Bürger waren auch gekommen und nutzten die Gelegenheit zu Fragen und um sich die noch leeren Räume anzuschauen.

Was beim Gang durch die kahlen Zimmer in dem 1,5-Millionen-Euro-Bau auffällt ist deren spartanische Einrichtung. Einfachste Liegen, ein Schrank und bald ein Tisch und Stühle sind alles, was die Flüchtlinge dort erwartet. In den beiden zweistöckigen Gebäuden gibt es pro Stockwerk eine Gemeinschaftsküche, getrennte Bäder für Männer und Frauen und einen Wäscheraum. An Elektrogeräten sind nur Waschmaschinen und zwei Kühlschränke pro Stockwerk Teil der Ausstattung. Kaum einer der Bürger ist beeindruckt von der Unterkunft oder würde sich darin wohlfühlen. Mehr Ausstattung ist nicht vorgesehen, ebenso wenig wie ein Essensservice. Die Stadt wird aber aus hygienischen Gründen einen Putzservice für die sanitären Einrichtungen beauftragen.

Je Stockwerk gibt es zwei Bäder – für Männer und Frauen. Foto: Simon Granville

Für eine lange Unterbringung sei sie auch nicht ausgelegt, sagt der OB. Es gehe darum, die ankommenden Ukrainer aufzunehmen und sie dann am besten schnell in Wohnungen dauerhaft unterzubringen. „Wenn sie sich entscheiden, in Kornwestheim zu bleiben“, sagt der Schultes. Er nennt die Unterkunft „praktikabel“ und räumt auf Nachfrage ein, dass es gar nicht so leicht werde, Wohnraum für die Ukrainer außerhalb der Unterkunft zu finden, weil der Wohnungsmangel in der Region eben alle betreffe.

Ob die Kapazität reicht, hängt vom Kriegsverlauf ab

Bis Ende des Jahres sollen 38 Ukrainer in die Unterkunft einziehen. Das ist so berechnet anhand eines Verteilschlüssels innerhalb des Landkreises. Ob es tatsächlich die 38 werden, ist allerdings fraglich. Viele Ukrainer kämen bei Freunden und Verwandten unter. Gleichzeitig könnte aber die Kapazität von 80 Personen auch schnell erschöpft sein, meint Lauxmann, „wenn der Krieg sich weiter in Richtung Polen bewegt“.

Obwohl auf den Dächern der Unterkunft Photovoltaikanlagen installiert sind, werden die Containeranlagen kaum energieautark funktionieren, weil es keinen Speicher gibt und sowohl Heizung als auch Herde elektrisch betrieben werden und sie für einen hohen Verbrauch sorgen bei Vollbelegung.

Erstaufnahmeeinrichtung noch nicht fertig

Dass Kornwestheim eine Unterkunft nur für Ukrainer baut, liegt übrigens an einer anderen Baustelle. In der Villeneuvestraße soll eigentlich in diesem Monat eine Erstaufnahmeeinrichtung (EA) des Landes in Betrieb gehen. Deshalb muss die Stadt selbst sonst keine Flüchtlinge mehr aufnehmen, außer den Ukrainern.

Die EA in der Villeneuvestraße sollte schon vor einigen Tagen geöffnet werden, aber die notwendigen Arbeiten in dem Gebäude, das auch zuvor schon als Flüchtlingsheim diente, verzögern sich. Aktuell kann das Regierungspräsidium Stuttgart noch nicht sagen, wie lange.

Wenn dann an den Standorten die ersten geflüchteten Menschen einziehen, geht die Arbeit für die Kommune erst so richtig los. „Die Integration ist wichtig“, sagt Nico Lauxmann. Bei den Kindergärten sieht er im Vergleich zu Umlandkommunen noch genug Plätze für Ukrainer. Schwieriger sei es, die erwachsenen Flüchtlinge in Arbeit zu bringen: „Da gibt es so viele bürokratische Hürden, dass dies für eine Verwaltung kaum zu bewältigen ist.“

Bis zu 200 neue Geflüchtete im Kreis

Aktuell
 Derzeit sind laut Landratsamt 9725 ukrainische Geflüchtete im Landkreis Ludwigsburg registriert. Rund ein Drittel sind wahrscheinlich inzwischen weitergereist oder in die Ukraine zurückgekehrt.

Zukunft
Bis Ende 2024 rechnet das Landratsamt mit 150 bis 200 neuen ukrainischen Geflüchteten, die dem Kreis vom Land zugewiesen werden. Hinzu kommen die Ukrainer, die sich direkt bei den Städten melden.

Umziehen
Wollen Geflüchtete aus der Ukraine staatliche Leistungen beziehen, müssen sie einen Aufenthaltstitel beantragen. Bis sie diesen haben, werden sie einer Gemeinde zugewiesen. Mit Titel dürfen sie dann auch umziehen in andere Orte.