Notunterkünfte wie hier die Turnhalle der Carl-Schaefer-Schule sind passé. Foto: factum/Archiv

Weil weniger Flüchtlinge ankommen, kann der Kreis Unterkünfte auflösen. Oder er vermietet sie gleich an die Kommunen weiter. Denn die werden sich nun vermehrt um die Geflüchteten kümmern müssen.

Kreis Ludwigsburg - Es sind keine rosigen Aussichten, die der Erste Landesbeamte und Rechtsdezernent des Landkreises Jürgen Vogt für die Kommunen zeichnete: „Die Welle läuft jetzt weiter auf die Kommunen zu“, sagte er zu den Kreisräten im Verwaltungsausschuss. Es geht – natürlich – um die Unterbringung von Flüchtlingen, der größten Aufgabe, mit der sich der Landkreis in den vergangenen drei Jahren konfrontiert sah. Weil nicht genug Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung standen, mussten Sporthallen belegt, alte Industriegebäude umgenutzt und sogar Containerdörfer errichtet werden. Selbst Zeltlagerwaren in der Hochphase des Zustroms an Geflüchteten kein Denktabu.

Nun scheint der Landkreis, der für die vorläufige Unterbringung der Flüchtlinge nach der Erstunterbringung zuständig ist, aus dem Gröbsten raus zu sein. Das legen zumindest die Zahlen nahe, die Vogt den Kreisräten am Mittwoch im Verwaltungsausschuss präsentierte: Im Jahr 2017 hat der Landkreis 1802 Flüchtlinge neu aufgenommen. Die meisten stammen aus Syrien, Afghanisatan, Irak, Gambia und Nigeria. Für dieses Jahr rechnet der Kreis mit etwa 1000 Neuzugängen.

3396 von 4300 Plätzen sind belegt

Weil auch immer mehr Flüchtlinge nach der Bearbeitung ihres Asylantrags in die Anschlussunterbringung kommen, für die die Kommunen zuständig sind, sinken die Belegungszahlen bei den Unterkünften des Kreises. 1941 Personen wurden auf diese Weise im vergangenen Jahr in die Verantwortung der Kommunen übergeben. 2100 sollen es dieses Jahr werden. Um die Kommunen zu entlasten, sollen 1200 Personen in den vorläufigen Unterbringungen des Landkreises bleiben.

Der Landkreis verfügt aktuell über 137 Gemeinschaftsunterkünfte in 35 Kreiskommunen. Gesamtkapazität: 4300 Plätze. Davon belegt: 3396 Plätze. Laut Vogt liegt die Belegungsquote bei rund 80 Prozent. Das ist insofern wichtig, als das Land eine Quote von 70 Prozent fordert – sonst gibts kein Geld aus Stuttgart. Auch deswegen reduziert der Landkreis nun Kapazitäten.

Notunterkünfte gehören der Vergangenheit an

Im vergangenen Jahr konnte der Landkreis 28 Gemeinschaftsunterkünfte mit rund 800 Plätzen abbauen. Notunterkünfte, wie beispielsweise die Sporthalle der Carl-Schaefer-Schule in Ludwigsburg, gehören der Vergangenheit an. Die letzte wurde im Januar 2017 geräumt. 35 weitere Gemeinschaftsunterkünfte mit knapp 500 Plätzen sollen in diesem Jahr folgen.

Meist bedeutet dies, dass auslaufende Mietverträge nicht verlängert oder auch vorzeitig gekündigt werden. Oder der Landkreis vermietet die Immobilie an die jeweilige Kommune weiter – was den Vorteil hat, dass die dort untergebrachten Flüchtlinge nicht schon wieder ihr Umfeld verlassen müssen und ihre Integration dadurch nicht gefährdet wird. „Es hat einen offenkundigen Charme für die Kommunen, eine bestehende Unterkunft zu übernehmen“, sagte der Landrat Rainer Haas. Es seien keine Umbauten erforderlich, die Betreuung sei eingespielt und Proteste von Anwohnern wegen eines neuen Flüchtlingsheims seien auch nicht zu erwarten.

Dieses Mal will der Landkreis vorbereit sein

Für den Fall, dass die Flüchtlingszahlen dennoch unerwarteterweise stark ansteigen sollten, will der Landkreis dieses Mal vorbereitet sein. Zwei Grundstücke in Eberdingen und Erdmannhausen, die 2015 und 2016 gepachtet wurden, um dort Unterkünfte zu errichten, sollen als Notreserve zur Verfügung stehen. Da die vom Land geforderte Mindestbelegquote den Landkreis zwingt, seine Kapazitäten zu verknappen, könnte ein Ansteigen der Flüchtlingszahlen ihn schnell wieder in Bedrängnis bringen. „Wenn die Zahlen steigen würden, müssten wir ganz schnell auch wieder Hallen belegen“, sagte Vogt.

Deswegen möchte der Landkreis eine Reserve von zwei jetzt leer stehenden Gewerbehallen in Freiberg und Bietigheim zurückhalten, die bis zum Ablauf der Mietverträge (Ende 2018 und 2020) innerhalb von wenigen Wochen wieder mit Flüchtlingen belegt werden könnten.