Die Mozart-Flüchtlingsprojekt „Zaide". Foto: A.T.Schaefer

Das Mozart-Flüchtlingsprojekt „Zaide: Eine Flucht“ war im Theaterhaus zu sehen: Was die beteiligten Flüchtlinge auf der Bühne leisten, zeugt von großer emotionaler Kraft und Glaubwürdigkeit. Ärgerlich ist die Qualität der beteiligten deutschen Profimusiker.

Stuttgart - Stark, der Tanz von Zaide: Die Nigerianerin Esther Jacobs windet sich wild zum Trommeldonner ihrer afrikanischen Kollegen. Und lustig die Kocheinlage des Irakers Ayden Antanyos, der mit ratterndem Messer Zwiebeln fürs Couscous-Gericht zerhackt. Es sind eben auch Bühnenprofis unter den gut 35 Migranten, die mitmachen bei „Zaide. Eine Flucht“ nach Mozarts Singspiel, das jetzt im voll besetzten großen Saal des Stuttgarter Theaterhauses zu sehen war. Es ist nach „Così fan tutte“ das zweite Mozart-Musiktheater-Projekt, das die Sängerin Cornelia Lanz und der Verein Zuflucht Kultur mit Asylbewerbern erarbeitet haben.

Tanzszene und Kocheinlage haben zwar nichts mit Mozarts „Zaide“ zu tun. Aber gerade diese Oper eignet sich gut zur Bearbeitung: Sie hat Mozarts Kompositionswerkstatt nie verlassen, landete ohne Finale, Dialoge und Ouvertüre in der Schublade. Wie Mozarts spätere Oper „Entführung aus dem Serail“ spielt sie in Osmanien: Der Europäer Gomatz ist in die Hände des Sultans Soliman gefallen, muss nun als Sklave in einem Steinbruch ackern. Seine Geliebte Zaide wird in Solimans Harem festgehalten. Das Paar, gesungen von Cornelia Lanz und Philipp Nicklaus, beschließt zu fliehen.

Das Flüchtlingspaar ist nur eines von vielen

Es landet in der heutigen Zeit in einem deutschen Flüchtlingsheim. Zaide und Gomatz gibt es gleich dreimal: auch in der Gestalt der syrischen Schauspieler Nerkiz Joli und Houzayfa Al Rahmoon, der Tänzerin Esther Jacobs-Völk und des afghanischen Harmoniumspielers Pouya Shakib. Das Flüchtlingspaar ist eben nur eines von sehr vielen. Ansonsten setzt Regisseurin Julia Huebner auf Minimalismus. Auf den aufgetürmten Holzpodesten sind auch die Orchestermusiker platziert.

Ins Opernfragment lassen sich wunderbar Zwischentexte einfügen: So wird ein Märchen vom bösen Drachen erzählt, vor dem die Menschheit flieht, Flüchtlinge berichten auf Englisch, Deutsch, Arabisch, mal solo, mal im Sprechchor, von ihren Schicksalen: von Misshandlung, von Schlafentzug, von Hoffnungslosigkeit, Angst und Verlust, aber auch vom starken Willen, der Grenzzäune überwindet. Dazwischen gibt’s die Original-Gesangsnummern von deutschen Profisängern, wobei den Sultan Soliman der türkische Tenor Onur Ertür singt: Er tut’s mit kräftiger, schön timbrierter Stimme. Umrahmt wird der Abend von orientalischen Harmonium-Klängen, die Yasar Dogan auf der türkischen Sass ergänzt.

Große Emotionale Kraft der beteiligten Flüchtlinge

Was die Flüchtlinge auf der Bühne leisten, zeugt von großer emotionaler Kraft und Glaubwürdigkeit. Ärgerlich ist die Qualität der beteiligten deutschen Profimusiker. Das Orchester unter Gabriel Venzagos Leitung hat hörbar zu wenig geprobt: extrem unsauber etwa das Zusammenspiel der Violinen. Keiner der Solisten, neben Lanz und Nicklaus auch Kai Preußker als Allazim, ist seinen Partien stimmlich wirklich gewachsen. Schade.