Seit einem umstrittenen Abkommen Roms mit Libyen kommen wesentlich weniger Migranten in Italien an. Foto: AP

Seit einem umstrittenen Abkommen mit Libyen kommen in Italien wesentlich weniger Migranten aus dem Bürgerkriegsland an. Das hat nun auch den Europarat auf den Plan gerufen. Der Menschenrechtskommissar sieht Menschen von Folter bedroht.

Rom/Straßburg - Der Menschenrechtskommissar des Europarats hat von Italien Aufklärung über das umstrittene Flüchtlingsabkommen mit Libyen verlangt. Nils Muiznieks forderte vom Innenministerium in Rom eine Erklärung, auf welche Art die Italiener mit ihrer Marineoperation in libyschen Gewässern die Behörden in dem Bürgerkriegsland unterstützten. Zudem solle Rom darlegen, wie garantiert werde, dass die Migranten in Libyen nicht unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten und gefoltert würden.

Von Libyen aus starten die meisten Migranten in Richtung Italien. Rom hatte im Sommer ein Abkommen mit der libyschen Küstenwache geschlossen. Diese soll dafür sorgen, dass die Migranten nicht die Fahrt über das Mittelmeer in Richtung Italien starten. Italienische Marineschiffe unterstützen die Küstenwache. Seitdem kommen wesentlich weniger Flüchtende in Italien an. Kritiker werfen Italien - und der EU - vor, die Augen vor den schlimmen Zuständen in libyschen Migrantenlagern zu verschließen. Zudem wird Italien vorgeworfen, Milizen zu bezahlen, um Migranten in Libyen zu halten. Rom hat dies mehrmals zurückgewiesen.

Menschenrechte müssen gewahrt werden

„Selbst wenn ein Staat Probleme mit dem Zustrom von Migranten hat, hat er immer noch die Pflicht, deren Menschenrechte zu schützen und sicherzustellen“, hieß es in dem am Mittwoch veröffentlichten Brief von Muiznieks. Menschen den libyschen Behörden oder anderen Gruppen in dem Bürgerkriegsland auszuhändigen, bedeute mit Blick auf die dortige Menschenrechtslage, sie dem Risiko von Folter oder entwürdigender Bestrafung auszusetzen.

Der italienische Innenminister Marco Minniti wies Vorwürfe zurück. „Italienische Schiffe oder die, die mit der italienischen Küstenwache zusammenarbeiten, haben noch nie gerettete Migranten nach Libyen zurückgebracht“, antwortete er laut Nachrichtenagentur Ansa auf den Brief. Das italienische Engagement konzentriere sich auf die Ausbildung, die Ausrüstung und logistische Hilfe für die libysche Küstenwache und nicht auf eine „Aktivität des Zurückdrängens“.

Bisher kamen in Italien mehr als 107 000 Migranten an, im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren das etwa 25 Prozent weniger.