Bundesinnenminister Thomas de Maizière Foto: AP

Das Gesetzespaket der Regierung mit einigen Asyl-Verschärfungen ist umstritten. Innenminister de Maizière meint, angesichts der Flüchtlingsrekorde gehe es nicht anders. Aber welchen Effekt haben Härten speziell für Balkanflüchtlinge noch? Neue Zahlen werfen Fragen auf.

Berlin - Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hält die von der Regierung beschlossenen Verschärfungen im Asylrecht angesichts des großen Flüchtlingsandrangs für unausweichlich. Die Politik müsse in dieser Lage auch harte Entscheidungen treffen, sagte er am Donnerstag im Bundestag bei der ersten Beratung des geplanten Asyl-Gesetzespakets. „Im September sind so viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen wie seit Jahrzehnten nicht mehr in einem einzigen Monat.“ Auch andere Politiker von Union und SPD verteidigten geplante Härten und mahnten, es gebe Grenzen bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Die Asylzahlen erreichten im September Rekordhöhe.

Das Paket sieht unter anderem vor, die Balkanländer Albanien, Kosovo und Montenegro als weitere „sichere Herkunftsstaaten“ einzustufen, um Asylbewerber von dort schneller abzuweisen. Flüchtlinge sollen künftig deutlich länger in Erstaufnahmestellen bleiben und dort möglichst nur Sachleistungen bekommen. In bestimmten Fällen soll es auch deutliche Leistungskürzungen geben. Für Flüchtlinge aus Krisengebieten sind dagegen Verbesserungen geplant. Forscher und Hilfsorganisationen rügen den restriktiven Kurs dennoch scharf.

Die Linke-Politikerin Ulla Jelpke klagte, wenn Flüchtlinge nun viele Monate in Erstaufnahmestellen eingezwängt würden, schaffe das neue Konflikte. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der Regierung vor, sie versuche, das Asylrecht an mehreren Stellen zu schwächen. Trotz Kritik von Grünen-Seiten gilt es als sicher, dass im Bundesrat - wohl schon Mitte Oktober - mit Hilfe von grün-mitregierten Ländern eine Mehrheit für die Pläne zustande kommt.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte, das deutsche Asylrecht könne nur effektiv wirken, wenn seine Grenzen respektiert würden. Deshalb seien bestimmte Verschärfungen richtig. Er mahnte aber, es sei naiv zu glauben, dass Asylbewerber künftig länger in Erstaufnahmestellen der Länder bleiben könnten. „Das werden wir auf Sicht nicht leisten können. Die Kapazitäten sind erschöpft.“

Abgeordnete von CDU und CSU sagten, die Herausforderung sei nicht zu bewältigen, wenn die Asylzahlen derart hoch blieben. An Menschen vom Balkan müsse das Signal gehen, dass sie nicht bleiben könnten.

Söder schließt Grenzzäune nicht aus

Allerdings ist die Zahl der Asylbewerber aus Balkan-Staaten längst deutlich zurückgegangen. Das geht aus Zahlen aus dem Bundesinnenministerium hervor, die der dpa vorliegen. Vom 1. bis 27. September wurden demnach 138 151 Flüchtlinge im bundesweiten Erfassungssystem „EASY“ („Erstverteilung von Asylbegehrenden“) registriert. Nur 9774 - also etwa sieben Prozent - davon kamen aus Balkan-Ländern, mehr als die Hälfte (71 888) stammte aus Syrien. Jelpke sagte, die Gesetzespläne gegen den angeblich massenhaften Asylmissbrauch vom Balkan gingen an der Realität vorbei.

Im gesamten Monat lag die Zahl der im „EASY“-System erfassten Flüchtlinge etwas höher - bei 163 000 Menschen, wie aus Länderkreisen zu erfahren war. Es sind aber auch viele Flüchtlinge im Land, die noch nicht registriert sind. Deshalb liegt die Zahl der im September Eingereisten über den „EASY“-Werten. Die bayerische Regierung geht davon aus, dass im gesamten Monat zwischen 270 000 und 280 000 Flüchtlinge ankamen. Diese Zahl wird in anderen Länderkreisen für zu hoch gehalten. Dort ist von bis zu 220 000 Eingereisten die Rede.

Angesichts der hohen Zahlen schließt Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) Zäune an den deutschen Grenzen nicht aus. „Wenn die EU-Außengrenzen nicht geschützt werden, muss eine deutsche Regierung auch darüber nachdenken, wie sie die deutsche Grenze schützt“, sagte er in München.