Auf Lesbos sind etliche Flüchtlingskinder gestrandet. Foto: AFP/LOUISA GOULIAMAKI

Tausende Minderjährige sitzen nach UNHCR-Angaben auf den griechischen Inseln fest - viele ohne ihre Eltern. Nun könnte sich dauerhafte Hilfe für einige abzeichnen.

Brüssel - Über Lösungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf den griechischen Inseln will EU-Kommissarin Ylva Johansson nächste Woche mit der Regierung in Athen beraten. Nach Angaben der EU-Kommission vom Freitag geht es dabei zum einen um eine Weiterreise in solche Mitgliedstaaten, die junge Migranten aufnehmen wollen. Zum anderen sollen dauerhafte Lösungen für jene unbegleiteten Migranten unter 18 Jahren gefunden werden, die in Griechenland bleiben. Die Kommission versprach Griechenland und den anderen EU-Staaten dafür eine erhöhte finanzielle und praktische Unterstützung.

85 Hilfsorganisationen riefen Griechenland und die EU unterdessen in einem offenen Brief auf, für eine Verteilung von Flüchtlingen und Asylsuchenden aus Griechenland auf die Mitgliedstaaten zu sorgen. Unbegleitete Minderjährige sollten dabei Priorität haben. Außerdem sollten die EU-Staaten die direkte Übernahme von Flüchtlingen aus der Türkei verstärken, hieß es in dem Schreiben.

Die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR äußerte sich erfreut über die Vorstöße von deutschen Städten und Gemeinden, der Zivilgesellschaft und Kirchen sowie der Politik für die Menschen auf den griechischen Inseln. Deren Lebensbedingungen seien „erschreckend und beschämend“. Auf den Inseln harrten nach aktuellen Zahlen rund 42 000 Schutzsuchende aus. Viele lebten in kleinen Zelten, seien Kälte und Regen ausgesetzt und hätten kaum Zugang zu Heizung, Strom oder warmem Wasser. Insbesondere Schwangere, junge Mütter, alte Menschen und Kinder seien enormen Risiken ausgesetzt.

Ein Drittel der Menschen auf den Inseln sind nach UNHCR-Angaben Kinder und Jugendliche. 60 Prozent von ihnen seien jünger als zwölf Jahre. Die EU-Kommission sprach von ungefähr 5500 unbegleiteten Minderjährigen. Derzeit halten sich auf der Insel Lesbos demnach 8923 Minderjährige auf, von denen 1112 ohne ihre Eltern oder andere erwachsene Angehörige dort sind. Von 2031 Minderjährigen auf Samos seien 1579 jünger als 14 Jahre und 49 ohne Begleitung.

„Ich glaube, es muss einer anfangen“

Johansson hatte am Mittwoch zu Hilfe für die jungen Flüchtlinge aufgerufen. „Es ist dringend nötig, sie von diesen Bedingungen auf den Inseln wegzubekommen und einen Zufluchtsort für sie zu haben“, sagte die Schwedin am Rande eines Treffens der EU-Innenminister. Der deutsche Ressortchef Horst Seehofer (CSU) hatte sich tags zuvor unter bestimmten Bedingungen offen für die Aufnahme von rund 5000 Kindern und Jugendlichen aus den griechischen Flüchtlingslagern gezeigt.

Unter anderem hatten sich Luxemburg, Finnland und Frankreich für eine Aufnahme junger Flüchtlinge ausgesprochen. „Ich glaube, es muss einer anfangen“, sagte Luxemburgs zuständiger Minister Jean Asselborn vor einem Krisentreffen der Innenminister. Jedes EU-Land solle pro halber Million Einwohner je zehn unbegleitete Minderjährige „aus diesem Loch herausholen“, schlug Asselborn vor.

Länder, die keine Flüchtlinge aufnähmen, sollten „an anderer Stelle, etwa bei der Fluchtursachenbekämpfung, mehr Verantwortung übernehmen“, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Freitag in Zagreb. „Aber ich glaube wenn alle ihrer humanitären Verantwortung so gerecht würden, wie das in Deutschland der Fall ist, dann hätten wir in Europa einige Probleme weniger.“