Die Zahl der Neuankömmlinge ist deutlich geringer als in den Hochzeiten 2015/16 – deshalb will der Bund die Mittel kürzen Foto: dpa

Bundesfinanzminister Olaf Scholz will bei den Flüchtlingen sparen. Der Bund dürfe seine Ausgaben nicht kürzen, warnen nun Land und Kommunen. Das würde die Integration erschweren.

Stuttgart - Die Kommunen im Südwesten sind alarmiert. Die Überlegungen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), die Ausgaben für Flüchtlinge zu kürzen, gingen zu Lasten der Kommunen, erklärten Vertreter des Landes und der Kommunalen Landesverbände in Baden-Württemberg am Dienstag. „Eine Kürzung in diesem Bereich würde alles bisher Geleistete und Erreichte ad absurdum führen“, sagte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne). Integration höre nicht auf, „wenn Geflüchtete die Erstaufnahmeeinrichtungen verlassen – im Gegenteil, sie fängt dann erst richtig an und dauert über Jahre hinweg“. Beim Pakt für Integration habe Baden-Württemberg gezeigt, „wie Bund, Land und Kommunen an einem Strang ziehen“. Jetzt dürfe sich der Bund nicht einfach davonstehlen.

Weil die Zahl der Asylbewerber, die nach Deutschland kommen, sinkt, will der Bund künftig weniger zu den Ausgaben für Unterkunft, Verpflegung und Integrationsmaßnahmen beitragen. Im Gespräch ist, die Mittel von derzeit 4,7 Milliarden Euro auf rund 1,3 Milliarden pro Jahr zu kürzen.

Land würde mehrere hundert Millionen verlieren

Das würde sich massiv auf die Haushalte der Kommunen auswirken, befürchtet der Erste Beigeordnete des Gemeindetags, Steffen Jäger. Die Sozialausgaben würden sich deutlich erhöhen, zudem wäre der Pakt für Integration mit dem Land gefährdet. „Allein in Baden-Württemberg geht es hier um viele hundert Millionen Euro.“

Besonders treffen würde die Kommunen, wenn der Bund die Kosten der Unterkunft für anerkannte Flüchtlinge nicht mehr übernähme. Allein 2018 zahlte er dafür fast 190 Millionen Euro an das Land. Betroffen wäre auch der Pakt für Integration, der ein Volumen von 160 Millionen Euro pro Jahr hat und der sich aus der Integrationspauschale des Bundes speist. Schon bisher habe sich der Bund nur unzureichend an den Kosten beteiligt, kritisiert Alexis von Komorowski, Hauptgeschäftsführer des Landkreistags. Für die nicht anerkannten, aber geduldeten Flüchtlinge zahle er nicht. „Hier gab es nur eine Kostenbeteiligung des Landes in Höhe von zuletzt 134 Millionen Euro.“ Die tatsächlichen Kosten lägen aber um mindestens 40 Millionen Euro höher – diese Summe müssten Kommunen und Kreise aufbringen. Bund und Länder müssten endlich eine langfristige Lösung für die Finanzierung geduldeter Flüchtlinge finden, forderte Städtetagsdezernent Gerhard Mauch.

Bund zahlt nicht für Geduldete

Von den rund 100 000 Asylbewerbern, die 2015 und 2016 nach Baden-Württemberg kamen, befanden sich im September 2018 noch mehr als 88 100 in der Anschlussunterbringung. Viele von ihnen sind nicht als Flüchtlinge anerkannt, haben aber eine Duldung. Für sie müssen die Kommunen ebenso aufkommen wie für diejenigen, die anerkannt sind, aber noch keine Arbeit haben.

2016 hat das Land rund 2,4 Milliarden Euro für Flüchtlinge ausgegeben. 2019 sind flüchtlings- und integrationsbezogene Ausgaben von 0,9 Milliarden Euro vorgesehen, für 2020 und 2021 jeweils rund 0,8 Milliarden Euro. Seit 2015 beteiligt sich der Bund an den Kosten der Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen. Auch Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU)wies die Pläne des Finanzministers zurück. „Man kann bei dieser Thematik die Kommunen keinesfalls alleine lassen – und derartige weitgehende Kürzungen und Umschichtungen vorzunehmen, halte ich definitiv für falsch.“