Obwohl sie schon mehrere Jahre in Deutschland sind, einen festen Job haben und integriert sind, droht vielen Flüchtlingen ohne Aufenthaltsstatus die Abschiebung. Foto: dpa

Die Unternehmen fühlen sich zu Recht von der Politik hängengelassen. Sie haben viel Geld und Engagement investiert, auch um ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung nachzukommen, und drohen jetzt Mitarbeiter zu verlieren, findet Wirtschaftsredakteur Thomas Thieme.

Stuttgart - Das Fazit des Gesprächs zwischen dem Innenminister Thomas Strobl und Unternehmern aus dem Land, die um ihre Arbeitskräfte fürchten, ist eher von Realismus als von Euphorie geprägt: Weder Gottfried Härle noch Antje von Dewitz glauben hinterher, dass ihre Beschäftigten nun eine bessere Bleibeperspektive haben. Auf seine ihm eigene launige Art resümiert der Trigema-Chef Wolfgang Grupp in großer Runde das Treffen: „Mir ist nun klar, was ich tun muss, wenn ein Abschiebebescheid kommt: Ich schicke ihn ans Ministerium, dann soll der Herr Minister Strobl entscheiden, ob mein Mitarbeiter raus muss oder noch etwas bleiben darf.“

Hinterher entschuldigt sich Grupp zwar für die flapsige Bemerkung bei Strobl. Doch die Botschaft ist angekommen: Eine tragende Säule der baden-württembergischen Wirtschaft – Mittelständler und Familienunternehmen – schlagen Alarm. Sie wollen keine Beschäftigten verlieren, die sie mit viel Geld, Kraft und Engagement integriert haben. Es steht ihnen zu, den Druck auf die Politik zu erhöhen, schließlich können die Unternehmen nichts für die monatelange Hängepartie bei der Regierungsbildung und auch nichts dafür, dass es immer noch kein Einwanderungsgesetz gibt. Die Südwestbetriebe geben dem Minister, der gleichzeitig auch CDU-Vize im Bund ist, einen Arbeitsauftrag mit nach Berlin.

Ausländerbehörden könnten Spielräume stärker ausschöpfen

Doch bis ein Gesetz gemacht und in Kraft ist, dürften noch Monate, wenn nicht gar Jahre vergehen. Daher ist die Initiative der Unternehmer auch auf anderer Ebene relevant: Sie könnte dazu beitragen, dass die Spielräume bei den zuständigen Ausländerbehörden stärker ausgeschöpft werden. Das wäre nicht nur im Sinne der Betroffenen, sondern auch von Wirtschaft und Gesellschaft. Natürlich müssen Regeln eingehalten werden und natürlich darf niemand durchs Netz gehen, der Schlechtes im Schilde führt! Allerdings kommt jemand, der einer sinnvollen Tätigkeit nachgeht, auch weniger auf dumme Gedanken als ein zum Nichtstun Verdammter.