Serkan Eren bei einem Einsatz in einem Flüchtlingslager in der Türkei. Foto: Stelp

Als Balkanroute Stuttgart sind sie gestartet, ein einmaliges Hilfsprojekt für Flüchtlinge sollte es sein. Nun sind sie in drei Ländern aktiv, helfen wo es Not gibt. Ein prominenter Kicker soll nun den Vorstand verstärken.

Stuttgart - Begonnen hat alles in einer Bar. Am Nebentisch hetzten sie über Flüchtlinge, der Lehrer Serkan Eren mischte sich ein. Zuhause merkte er aber, „ich habe ja nur geredet und nichts getan“. Das sollte sich ändern. Er und Kumpel Steffen Schuldis packten alte Klamotten in Kartons, heckten den Namen Balkanroute Stuttgart aus, baten via sozialem Netzwerk Facebook um Spenden – und wurden überrannt. Zwei Lieferwagen konnten sie vollpacken, fuhren in den Herbstferien mit drei weiteren Helfern 4400 Kilometer entlang der so genannten Balkanroute, verteilten Schuhe, Decken, Milchpulver, Windeln an Flüchtlinge.

2015 war das, eine einmalige Sache sollte das sein. Doch was Eren gesehen und erlebt hat, ließ ihn nicht mehr los. Nicht in seinen Träumen. Und nicht in seinem Handeln. Er krempelte sein Leben um. Seinen Beruf als Lehrer gab er auf, zu groß war der Aufwand geworden, als dass man ihn nebenbei betreiben könnte. 100 Vereinsmitglieder haben sie, 5000 Follower in den sozialen Netzwerken, 200 000 Euro Spenden gesammelt. „Wir brauchen neue Strukturen“, sagt Eren, und einen neuen Namen. „Auf der Balkanroute waren wir ja nur beim ersten Mal aktiv“, sagt er, „wir helfen, wo Menschen in Not sind, und wo unsere Hilfe einen Mehrwert hat.“

Der größte Einsatz ist an der Westküste der Türkei

Auf der griechischen Insel Chios, haben sie ein Kleidungslager und eine Suppenküche aufgebaut, unterstützen die lokalen Helfer dort. Auf den Philippinen helfen sie, seit der Stuttgarter Dustin Soumar ihnen von den Kindern erzählt hat, die in Maasin City auf einer Müllkippe hausen. Der Taifun Haiyan hat dort Zehntausende Menschen getötet, viele Kinder zu Waisen gemacht. „Als ich dort war, habe ich gesehen, wie ein kleines Kind eine Konservendose vom Müll aufgelesen und ausgeschleckt hat.“ Auch dort haben sie eine Suppenküche eingerichtet.

Den größten Einsatz haben sie an der Westküste der Türkei. Dort leben seit Jahren Flüchtlinge in Lagern, die sie selbst gebaut haben. Sie haben die 1200 Dollar nicht, die die Schlepper verlangen, um sie übers Mittelmeer zu bringen; sie sind erschöpft oder wollen nahe an Syrien bleiben, um eines Tages zurückzukehren. Der Staat selbst lässt sie dort hausen, ohne Strom und Wasser, das Kümmern überlässt er einer Initiative namens Imece Inisiyatifi Cesme. Das sind vornehmlich Studenten. Ihnen helfen die Stuttgarter. Mit Geld. Und Arbeit. Immer wieder sind Teams dort. Ein Dorf haben sie nun gebaut, ausschließlich für Frauen und Kinder.

Timo Hildebrand soll in den Vorstand

Sie helfen also an vielen Orten. Da ergab sich der Name von selbst. Stuttgart hilft, auf Englisch: Stuttgart helps, daraus wird Stelp. Seit zwei Jahren schon sind sie ein Verein. „Nun müssen wir aus den Kinderschuhen herauswachsen“, sagt Eren. Am Donnerstag soll Timo Hildebrand, früherer Torwart und Meisterspieler beim VfB, in den Vorstand gewählt werden. Er hilft mit Geld, Kontakten – und Einsatz. Auch er war in der Türkei und hat angepackt. Und man sucht 100 Paten, die jeden Monat 35 Euro zahlen, damit man eine hauptamtliche Stelle bezahlen kann. Derzeit arbeitet Eren umsonst, lebt von Erspartem. „Das geht natürlich nicht ewig“, sagt er. Deshalb die Idee mit den Paten. Denn die Spenden sollen weiterhin ausschließlich helfen, Not zu lindern. Überall auf der Welt.