Arezoo Jalali (vorne in der Mitte) im Kreis der Bewohnerinnen des Flüchtlingsheims Heumaden Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Arezoo Jalili lebte im Flüchtlingsheim Heumaden – und organisierte dort auf eigene Faust eine Kinderbetreuung und Treffen für die Bewohnerinnen. Obwohl sie inzwischen eine eigene Wohnung hat, hilft sie weiter den anderen Frauen.

Stuttgart - Die Idee zu ihrem Projekt „Schadi – Freude“ kam Arezoo Jalali aus der eigenen Not heraus. Mit ihrem damals dreijährigen Sohn kam die alleinerziehende Mutter 2011 als Flüchtling aus dem Iran nach Stuttgart. Heute hilft sie anderen Flüchtlingen – und bekommt für ihr Engagement den mit 1500 Euro dotierten Integrationspreis des Radiosenders Big FM. „Diese Wertschätzung für meine Arbeit zu bekommen, ist unglaublich schön“, sagt die 36-Jähige.

Als der Jugendradiosender vor einem Jahr drei Projekte auszeichnete, saß Jalili im Publikum. Und sie beschloss: „Nächstes Jahr will ich mit meinem Projekt auch dabei sein.“ Zielstrebig wie sie ist, wollte sie keine Gelegenheit auslassen, etwas Aufmerksamkeit für „ihre Frauengruppe“ zu bekommen. Für diese Frauen aus dem Flüchtlingsheim in Heumaden engagiert sich die quirlige Frau seit vier Jahren. 2011 kam sie selbst als Flüchtling in das Heim, weil sie ihre Heimat Iran aus politischen Gründen verlassen musste. „Die Untätigkeit, das lange Warten und vor allem die Arbeitslosigkeit haben mich sehr belastet“, erzählt die 36-Jährige. Im Iran habe sie Jura studiert, und schon immer viel gearbeitet, auch im elterlichen Betrieb. „Ich wusste, dass ich gut im Organisieren bin.“ Ihre Talente konnte sie jedoch als Flüchtling zunächst nicht einbringen – sie durfte nicht arbeiten.

Arezoo Jalali organisierte eine Kinderbetreuung für Flüchtlinge

Doch im Flüchtlingsheim fiel ihr ein leerer Raum auf, der ungenutzt war. Arezoo Jalali wandte sich mit der Idee, in dem Raum eine Kinderbetreuung einzurichten, an die Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt, die das Haus in Heumaden leitet. Dort unterstützte man sie sofort. So entstand 2012 das Kindernest, in dem die Flüchtlingsfrauen ihre Kinder im Alter von ein bis sechs Jahren unterbringen können, wenn sie Sprachkurse besuchen oder etwas Zeit für sich brauchen. Im Wechsel übernehmen zwei Frauen aus der Unterkunft gemeinsam mit einer ehrenamtlichen Helferin die Betreuung. Somit ist den Frauen doppelt geholfen: Sie haben eine Betreuung für ihre Kinder und bekommen darüber hinaus auch eine Aufgabe.

Doch Arezoo Jalali legt ebenso viel Wert darauf, dass die Kinder davon profitieren: „Mit einfachen Mitteln kann man immer wieder ein abwechslungsreiches Programm für die Kinder finden, zum Beispiel finden sich in der Natur im Moment Kastanien zum Basteln“, sagt Jalali. Auch die Sprachförderung der Kinder sei ihr wichtig.

Einmal im Monat findet ein Frühstück für die Flüchtlingsfrauen statt

Obwohl Arezoo Jalali bereits seit drei Jahren eine Aufenthaltsgenehmigung und eine eigene Wohnung hat, engagiert sie sich weiter für die ständig wechselnden Frauen im Flüchtlingsheim. Sie organisiert einmal im Monat ein Frühstück für die Heimbewohnerinnen, bei dem sie sich über alle möglichen Themen austauschen können. „Frauen aus unterschiedlichen Kulturen und Nationen kommen so zusammen“, sagt die zierliche Iranerin und fängt dabei an zu strahlen. Diese Frauen würden sonst meist isoliert in ihren Familien und ihren kleinen Wohnungen bleiben, berichtet Jalali. „Das Treffen mit der Gruppe ist ein Anlass, auf den sich die Frauen freuen und sich dafür extra hübsch machen“, sagt sie. Ein Anlass, der ihnen eine kleine Freude in ihrem sonst oft tristen Alltag schenkt. Deshalb hat Arezoo Jalali ihr Projekt auch Schadi (Freude) genannt. Denn für die Frauen lässt sie sich immer wieder etwas Besonderes einfallen. Das kann ein Bingo-Abend sein, bei dem die Frauen gespendete Geschenke gewinnen. Oder sie lädt einen Gast ein, wie zum Beispiel eine Psychotherapeutin, die eine Lachtherapie mit den Teilnehmerinnen macht. Auch Ausflüge wie zum Beispiel in die Wilhelma oder ins Schwimmbad organisiert Arezoo Jalali für die Kinder und ihre Mütter aus dem Flüchtlingsheim. „So lernen sie auch ihre neue Umgebung kennen.“

Nach und nach überträgt Arezoo Jalali auch Aufgaben und Verantwortung an die anderen Frauen im Heim, aber ganz aufhören will sie trotzdem nicht: „Ich habe noch so viele Ideen.“