Seit mehr als einem Jahr lebt eine Gruppe männlicher Flüchtlinge in der Ebersbacher Notunterkunft. Foto: Horst Rudel

Keine Privatsphäre und viel Lärm, dazu Alkohol-und Drogenmissbrauch: Das Leben in der Ebersbacher Notunterkunft für Flüchtlinge hat immer häufiger zu Problemen geführt.

Ebersbach - Noch im Oktober hatte die Flüchtlingshilfe Ebersbach schwere Vorwürfe gegenüber der Göppinger Kreisverwaltung erhoben. Die Flüchtlinge in der Ebercamp genannten Notunterkunft würden wie Tiere gehalten, und die Menschen würden hier bewusst in den psychischen Abgrund getrieben. Nun soll das Ebercamp als letzte Notunterkunft des Kreises geschlossen werden. In gemeinsamen Gesprächen haben sich Vertreter des Landratsamts, der Flüchtlingshilfe und der Stadt darauf geeinigt, die Notunterkunft für derzeit 38 Menschen bis Ende November aufzulösen. Auslöser war ein Polizeieinsatz im Oktober, bei dem Campbewohner zwei Polizisten verletzt hatten.

Der Kreis weist die Vorwürfe zurück

„Dieser scharfe Ton der Flüchtlingshilfe ist unangemessen“, konterte Jochen Heinz die Vorwürfe aus Ebersbach. Der erste Landesbeamte in der Kreisverwaltung bezeichnete die Kritik als Schnee von gestern, nachdem man sich auf die baldige Schließung des Camps geeinigt habe. Im Übrigen diskreditierten sich die Ehrenamtlichen, denen er ansonsten gute Arbeit bescheinigte, mit diesen Äußerungen.

Bereits am 12. Oktober hatte die Flüchtlingshilfe die Kreisverwaltung aufgefordert, entweder eine Regelung einzuhalten, wonach die Bewohner maximal sechs Wochen in der Unterkunft bleiben, oder das Ebercamp ganz zu schließen. Damit reagierten die Ehrenamtlichen auf die zunehmenden Aggressionen der Campbewohner untereinander.

Tatsächlich hatte der Kreis das Camp als Pufferunterkunft errichtet mit dem Ziel, Flüchtlinge hier nur vorübergehend unterzubringen. Die vermutlich bei einer Bürgerversammlung in Ebersbach ins Spiel gebrachte Sechs-Wochen-Regelung war aber aus Mangel an Plätzen in festen Unterkünften nie realisiert worden.

Ein Sicherheitsdienst sollte deeskalierend eingreifen

Zunächst hatte der Kreis die Zeltstadt mit rund 130 Menschen belegt, darunter waren viele Familien. Nach deren Auszug folgten im Sommer 2016 dann 53 Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, Pakistan, Iran, Russland und der Türkei, die zuvor in der kreiseigenen Turnhalle in der Göppinger Öde gelebt hatten. Neben einem engagierten Heimleiter sorge ein Sicherheitsdienst, der rund um die Uhr vor Ort sei, für Deeskalation, sagte Heinz. Trotzdem haben die Streitereien unter den ausschließlich männlichen Bewohnern in den vergangenen Monaten vermehrt zu Polizeieinsätzen geführt. Dabei spielen offenbar Alkohol- und Drogenmissbrauch, aber auch psychische Probleme von Geflüchteten, die unter dem Zuzug von drei neuen, als Störenfriede bezeichneten Bewohnern leiden, eine Rolle, wie Dietmar Vogl schildert. „Die Spannungen haben zugenommen.“

Keine Privatsphäre und viel Lärm

Der städtische Mitarbeiter Vogl, der für bürgerschaftliches Engagement, Vereine und Kultur zuständig ist, macht auch die Lebensverhältnisse in den lauten Hallen für die Probleme verantwortlich, die direkt neben der viel befahrenen Filstalbahntrasse stehen. Privatsphäre gebe es in den Zelthallen nicht. Türen seien aus Feuerschutzgründen nicht erlaubt. Die Eingänge zu den einzelnen Wohn- und Schlafkabinen sind nur mit Tüchern provisorisch verhängt. Und da nur dünne Sichtschutzwände die Kabinen abtrennen, die nach oben hin offen sind, höre jeder alles. In den kalten Monaten treibe zusätzlich die Warmluftgebläseheizung den Lärmpegel nach oben.

Seit einigen Monaten klagen die Campbewohner über Schlafprobleme aufgrund des Lärms. Der Mangel an Schlaf habe zu Fehlzeiten und Konzentrationsproblemen der Flüchtlinge beim Besuch der Sprachkurse geführt, berichtet Dietmar Vogl. In der Folge hätten sich psychische Probleme verstärkt.

Der Kreis übernimmt für die Kommunen die Unterbringung

Mit Beginn der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 richtete der Kreis Göppingen Notunterkünfte in den kreiseigenen Sporthallen in Göppingen und Geislingen ein. Außerdem wurde ein Notzelt auf dem Parkplatz der Kreisverwaltung errichtet. Diese Unterkünfte sind inzwischen aufgelöst worden. Das seit Dezember 2015 für Flüchtlinge eingerichtete Ebercamp in Ebersbach soll Ende November geschlossen werden. Für sechs Bewohner sucht die Stadt Ebersbach eine Wohnung, 32 weitere will der Kreis anderswo unterbringen. Weil in den Kommunen Wohnungen fehlen, bietet der Kreis 800 weiteren Menschen in Gemeinschaftsunterkünften eine Bleibe, für deren Unterbringung eigentlich inzwischen die Kommunen zuständig sind.

Die Zahl der Flüchtlinge geht auch im Kreis zurück. Während 2016 pro Monat 126 Menschen in den Kreis kamen, waren es seit diesem Januar monatlich noch 68. Die Verwaltung geht davon aus, dass im kommenden Jahr per Zuweisung etwa 35 Flüchtlinge in den Kreis kommen