Mit den so genannten „mobilen Teams“ sollten Asylverfahren beschleunigt werden. Doch Sozialarbeiter gehen mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hart ins Gericht. Denn die Wirklichkeit zeigt ein ganz anderes Bild.

Karlsruhe - Eigentlich hatte alles schneller, besser und effizienter werden sollen. Dank der „mobilen Teams“ von Zoll und Bundeswehr, die dem hoffnungslos überlasteten Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) tatkräftig Beistand leisten sollten. Mit 170 solcher neu aufgestellten Teams sollten direkt vor Ort Vorüberprüfungen der Asylbewerber stattfinden, die es dem Bamf ermöglichen würden, künftig deutlich schneller Asylverfahrendurchzuführen und diese „zeitnah“ zum Abschluss zu bringen. Allein im Zeitraum von September 2015 bis Ende Januar 2016 sind so bereits rund 180 000 sogenannte Vorakten zur Beschleunigung der Verfahren angelegt worden. Eine stolze Bilanz, die vom Bundesamt auch stolz propagiert wurde – mit den realen Tatsachen hat das aber kaum etwas gemein.

Sozialarbeiter: sinnloser Aktionismus

Denn die Wirklichkeit zeigt ein ganz anderes Bild. „Das ist sinnloser Aktionismus und ein einziges Datenchaos, das hier fabriziert wird“, empören sich Sozialarbeiter und Betreuer in den Ersteinrichtungen hinter vorgehaltener Hand immer öfter über die mangelnde Effizienz der hochgepriesenen mobilen Teams. „Da wird in Pressekonferenzen so getan, als habe man die Lage mittlerweile gut im Griff, dabei gaukelt man der Öffentlichkeit nur etwas vor – und das macht uns die Arbeit noch schwerer, als das ohnehin schon der Fall ist.“

Hauptgrund für den Verdruss der Praktiker ist, dass der Einsatz der mobilen Teams zwar Hoffnungen auf beschleunigte Verfahren weckt, dass in der Realität auf die dabei erhobenen Daten häufig überhaupt nicht zugegriffen werden kann. Offensichtlich gibt es nach wie vor Probleme damit, dass Computersysteme von Bundeswehr, Zoll und Bamf nicht aufeinander abgestimmt sind, und so liegen beim Bamf die angeblich längst erhobenen Vorakten auch Monate später schlichtweg nicht vor.

Das haben auch die Asylbewerber Alim und Hasim (Namen von der Redaktion geändert) aus dem Irak erfahren müssen, die seit Oktober in einer Flüchtlingsunterkunft in Schwaigern (Kreis Heilbronn) untergebracht sind und Mitte Februar mit vielen anderen bei einem zweitägigen Einsatz eines mobilen Teams in Eppingen umfassend registriert wurden. In diesem Fall handelte es sich um eine Einheit des Zolls, die bei den beiden Männern – zum wiederholten Mal – Fingerabdrücke genommen, Passbilder erstellt und eine Vorakte mit ihren persönlichen Daten angelegt haben.

Lange geschieht einfach

Danach ist erst mal wochenlang gar nichts passiert – bis Alim und Hasim schließlich Post von der Außenstelle des Bamf in Karlsruhe bekamen, mit der Aufforderung, sich dort am 10. Mai um 8 Uhr morgens einzufinden „wg. Asylantragstellung“. „Damit war für uns alle klar: An diesem Tag wird das Interview stattfinden, das dann unmittelbare Entscheidungsgrundlage für das Asylverfahren ist. Und dann wird auch endlich der Stempel: „Asylantrag gestellt“ in die Papiere kommen. Dank der Erstellung der Vorakte durch das mobile Team kann es ja jetzt zügig vorangehen, dachten wir. . .“, schildert einer der Flüchtlingsbetreuer.

Doch alles kam anders: Kaum hatte das Gespräch beim Bamf für Alim begonnen, da war es auch schon wieder vorbei. Bei seinem Gefährten Hasim ebenso. Der Grund: Weder von Hasim noch von Alim ließe sich eine Vorakte im Rechnersystem finden, noch irgendwelche Daten zur Person. Und der Stempel als offizielle Bestätigung für die Stellung ihres Aslyantrags? Könne nun natürlich keinesfalls erteilt werden, denn ohne Vorakte keine Antragstellung. Und schon gar nicht für Personen, die es offiziell gar nicht gibt. Zumindest nicht im Bamf-Rechner. Was nun? Ratloses Schulterzucken. „Der Nächste bitte!“

Wie es nun weitergeht? Das ist allen ein Rätsel – und eine Endlosspirale: ohne Vorakte kein Asylantrag, ohne Asylantrag keine Sprach- und Integrationskurse.

Wo können Hasim und Alim aber endlich ihren Asylantrag stellen? Natürlich beim Bamf in Karlsruhe. Das freilich braucht dazu die Vorakte. Die es aber nicht gibt – oder vielleicht doch? Vielleicht befindet sie sich nur im falschen Computersystem – oder ist nicht kompatibel. Keiner weiß Bescheid – und so vergeht die Zeit. Die Betreuer von Hasim und Alim können angesichts des ganzen Wirrwarrs nur noch entnervt den Kopf schütteln. „Von wegen Beschleunigung der Asylverfahren – das schiere Gegenteil ist der Fall. Die mobilen Teams haben alles nur noch mehr durcheinandergebracht.“

Und was sagt das Bamf dazu? Flüchtet sich in allgemeines Behördendeutsch und kann über keinerlei etwaige Unstimmigkeiten bei der Erfassung der Personendaten durch die mobilen Teams berichten. Wie auch? Schließlich stecken die Daten irgendwo im Rechner fest. Vielleicht beim Zoll, vielleicht bei der Bundeswehr – eventuell aber auch beim Bamf.