Das Containerdorf für Geflüchtete auf dem Wasen ist inzwischen belegt. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Zahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die aktuell in Stuttgart eintreffen, ist gering. Parallel dazu aber kommen viele Geflüchtete aus anderen Ländern. Vor allem alleinstehende Männer. Das ist bei der Unterbringung ein Problem für die Stadt.

Als die Stadt im September beschlossen hat, unter anderem mit einem neuen Containerdorf auf dem Wasen weitere Wohnplätze für Geflüchtete zu schaffen, ging man davon aus, dass dort Menschen aus der Ukraine unterkommen würden. Tatsächlich ist der damals erwartete hohe Zuzug bisher nicht eingetreten. Stattdessen haben die aus anderen Ländern ankommenden Geflüchteten stark zugenommen. Dabei handelt es sich zum Großteil um alleinstehende Männer. Das macht die Sache für die Stadt schwierig.

„Wir haben eine Fluchtbewegung, welche die aus der Ukraine überlagert“, sagt Stadtsprecher Sven Matis. Während derzeit pro Tag nur „eine Handvoll“ Geflüchtete aus der Ukraine in Stuttgart eintreffen, sollen der Stadt im Dezember fast 300 Personen aus anderen Ländern vom Land zugewiesen werden. Drei Viertel dieser Gruppe sind laut Sven Matis „alleinstehende Männer“.

Vorhandene Kapazitäten sind praktisch belegt

Das birgt Probleme bei der Unterbringung. Nach dem Stuttgarter Weg, den Verwaltung und Rat verfolgen, sollen Geflüchtete möglichst dezentral in der Stadt untergebracht werden und in Unterkünften, die nicht mehr als 250 Plätze haben. Das wird nicht nur im Containerdorf auf dem Wasen, dessen 400 Plätze großteils mit alleinstehenden Männern voll belegt ist, nicht eingehalten. Überdies sollen die Unterkünfte eigentlich zu zwei Dritteln mit Familien und nur zu einem Drittel mit Alleinstehenden besetzt werden. Diese Mischung gilt als günstig, um eine ausgeglichene Atmosphäre zu schaffen. Eine Abweichung in diesem Punkt vom Stuttgarter Weg führe zu „Dichtestress“, sagt Sven Matis. „Es wird eng. Der Stress ist in manchen Unterkünften jetzt schon spürbar.“

Aber nicht nur die Zusammensetzung der Geflüchteten in Unterkünften bereitet der Stadt Kopfzerbrechen. Auch die Gesamtzahl erweist sich als eine Belastung. 8064 Personen sind von der Stadt einquartiert, fast doppelt so viele wie vor einem Jahr (4142). Das ist bei vorhandenen 9567 Wohnplätzen der Stadt eine Belegung von 84,3 Prozent. Nach den Richtlinien der Stadt gilt eine Besetzung von 85 Prozent als Vollbelegung. „Unsere Möglichkeiten sind endlich“, stellt Sven Matis fest, die Lage sei „äußerst angespannt“.

Weitere 3600 Geflüchtete im nächsten Jahr?

Von den 8064 Personen kommen 40 Prozent aus der Ukraine, gefolgt von Geflüchteten aus Syrien (13 Prozent), Afghanistan (zehn Prozent), Irak (sieben Prozent) und Nigeria (fünf Prozent). Dazu kommen rund 3900 Ukrainer, die privat wohnen, aber Leistungen erhalten und von der Stadt Stuttgart betreut werden müssen. Damit muss sich die Verwaltung insgesamt um 12 000 Geflüchtete kümmern. Im August 2016, dem Höhepunkt der Unterbringung in der damaligen Flüchtlingswelle, verzeichnete die Stadt 8117 Personen in Heimen.

Doch damit nicht genug: Für 2023 hat die Stadt bereits eine Prognose vorliegen, nach der man womöglich „weitere 3600 Geflüchtete wird unterbringen müssen“, sagt Sven Matis. Dabei ist vorgesehen, rund 3000 vorhandene Wohnplätze aufzugeben, 2500 davon Notunterkünfte in Hotels und Hallen.

Am Freitag wird sich der Wirtschaftsausschuss des Rats damit befassen. Dabei wird es auch um die Anmietung von zusätzlichen Bestandsgebäuden sowie die Errichtung neuer Modulbauten für Geflüchtete gehen.