Immer mehr Menschen fliehen vor dem Krieg in der Ukraine. Foto: dpa/Antti Aimo-Koivisto

Die Stuttgarter Verwaltung sucht händeringend nach Quartieren für geflüchtete Menschen. Den Vorschlag des Gemeindecaritas-Vereins St. Josef weist sie jedoch zurück. Warum?

Aktuell leben nach Angaben der Pressestelle etwa 3400 Geflüchtete aus der Ukraine in städtischen Unterkünften. Weitere rund 3000 Menschen seien privat untergekommen. „Die Stadt sucht weiter intensiv nach passenden Unterkünften“, erklärt Jana Steinbeck in einer schriftlichen Stellungnahme. Das Ziel sei es, eine Belegung von Turnhallen zu vermeiden. Mit einem weiteren Zuzug wird gerechnet. Um die Menschen unterzubringen, plant die Stadt aktuell Modulbauten mit 76 Plätzen in Hedelfingen und um die 100 Plätzen in Plieningen. Auf der Waldau in Degerloch soll ein Containerdorf entstehen.

Unter diesen Umständen kann es sich Klaus Kimmich nicht erklären, dass sein Vorschlag auf so wenig Interesse stößt. Kimmich ist der zweite Vorsitzende des Gemeindecaritas-Vereins St. Josef und wandte sich bereits am 15. September per E-Mail an den Stuttgarter Oberbürgermeister Klaus Nopper. Sein Anliegen: Der L-förmige Pavillon im Heimgarten St. Josef in Sonnenberg solle zu einer Unterkunft für ukrainische Geflüchtete werden. Das Gebäude umfasst etwa 300 Quadratmeter und wurde eine Zeit lang als Ausweichquartier für eine Kita genutzt. Dafür war es 2018 für mehr als 400 000 Euro umfassend saniert worden, finanziert unter anderem von der Stadt. Doch seit die Kinder wieder ausgezogen sind, steht die Einrichtung mit Ausnahme der einmonatigen Nutzung als Waldheim in den Sommerferien leer. „Ich halte dieses Gebäude für geradezu prädestiniert, um ukrainischen Familien in ihrer Not möglichst schnelle und unkonventionelle Hilfe zukommen zu lassen und möchte Sie daher bitten, mir möglichst umgehend zu antworten, um gegebenenfalls weitere Schritte einleiten zu können“, schrieb Kimmich damals an den OB.

Zahlreiche Baumaßnahmen seien nötigt, so die Stadt

Bis Mitte Dezember bekam er keine Antwort. Zwischenzeitlich wandte er sich an das Sozialministerium Baden-Württemberg. Doch dies sei insofern ein ‚Flop’ gewesen, als dass er wieder an die Stadt Stuttgart verwiesen worden sei. Denn diese würde als sogenannte „untere Aufnahmebehörde“ in eigener Zuständigkeit die Koordination lokaler Hilfs- und Unterbringungsangebote übernehmen.

Klaus Kimmich betont, dass es ihm nicht um „ persönliche Wichtigtuerei“ gehe, vielmehr wolle er unbürokratisch Hilfe leisten. Auf Nachfrage unserer Zeitung lehnt die Stadt das jedoch ab. „Es ist richtig, dass das Objekt Heimgarten St. Josef der Stadt zur Unterbringung von Geflüchteten angeboten wurde“, schreibt Jana Steinbeck von der Pressestelle. Doch um das Objekt nutzen zu können, seien zahlreiche Baumaßnahmen nötig. So brauche es zum Beispiel neue sanitäre Anlagen, Waschmaschinenanschlüsse, Küchen und eine Möblierung. Zudem konzentriere sich die Stadt aktuell auf größere Objekte mit mehr Kapazitäten. „Aus diesen Gründen wurde eine Anmietung nicht weiter verfolgt“, schreibt Jana Steinbeck.

Wie geht es mit dem Pavillon weiter?

Klaus Kimmich kann diese Argumentation nachvollziehen. Er betont aber auch, dass der Heimgarten S. Josef weiter zur Verfügung stehe, falls die Stadt doch noch Bedarf sehe. Dort könnten seinen Vorstellungen nach drei geflüchtete Familien untergebracht werden. Auch eine erneute Nutzung des Pavillons als Kindergarten ist für Kimmich denkbar. Denn nicht nachvollziehen kann er, dass das Gebäude für so viel Geld modernisiert wurde und nun die längste Zeit des Jahres leer steht.