Rund 50 Gäste sind in die Bürgeretage gekommen. Foto: Torsten Ströbele

Die Flüchtlingsfreunde haben über ihre vielfältigen Aufgaben und die aktuelle Situation gesprochen.

Stuttgart-Feuerbach - Der Freundeskreis Flüchtlinge Feuerbach (FFF) „ist ein lebendiger Haufen, der viel unternimmt und auch ein bisschen was hinbekommt“, sagt FFF-Sprecher Wolf-Dieter Dorn. Ein bisschen? Dorn ist bescheiden. Knapp 90 Feuerbacher engagieren sich regelmäßig im FFF. Etwa 500 Menschen sind im E-Mail-Verteiler des Freundeskreises. Beispielsweise unterrichten sie Deutsch, helfen bei Hausaufgaben, begleiten zu den Ämtern oder den Ärzten. Sie zeigen den Flüchtlingen den Stadtbezirk und unternehmen etwas gemeinsam. Zudem organisieren sie seit rund eineinhalb Jahren den „Treffpunkt International“ im Jugendtreff Camp am Sportpark. Ab 18 Uhr kommen dort Ehrenamtliche, Gäste und Flüchtlinge zusammen. Es wird geredet und natürlich auch beraten – dort, wo die Hilfe des FFF notwendig ist. „Die Aufgabe der Integration geht jetzt erst richtig los“, sagt Dorn.

Nur einmal ist der „Treffpunkt International“ bislang ausgefallen – und das am vergangenen Mittwoch. Der Grund: Der FFF hat zu einer öffentlichen Veranstaltung in die Bürgeretage geladen. Rund 50 Interessierte kamen, um zu hören, was Denis Bieler vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg zu den Änderungen im Asylrecht und Bezirksvorsteherin Andrea Klöber zum Thema „Flüchtlinge in Feuerbach“ zu erzählen hatten. Bieler hat schon in den 1990er Jahren Berührungspunkte mit Feuerbach gehabt, als es an der Leitzstraße eine große Flüchtlingsunterkunft gab, in der rund 600 Menschen lebten. „Eine schreckliche Unterkunft“, sagte Bieler. Einige Jahre später habe er dann wieder von Feuerbach gehört, als Bürger ihren Unmut gegen neue Unterkünfte an der Bubenhaldenstraße kundtaten. Es sei ihm damals so vorgekommen wie bei Asterix und Obelix. Eine kleine Gruppe Ehrenamtlicher habe sich gegen den Protest gewehrt. „Es ist wichtig, dass es immer Leute gibt, die sich für Flüchtlinge einsetzen“, sagte Bieler.

So wollten das die Anwesenden in der Bürgeretage aber nicht stehen lassen. „Die Flüchtlinge haben in Feuerbach einen großen Unterstützerkreis“, betonte Roland Saur vom FFF. Das sei nicht mit einem kleinen gallischen Dorf zu vergleichen. Und Wolf-Dieter Dorn ergänzte: „Den Anwohnern der Bubenhaldenstraße ging es bei ihrem Protest damals nicht um die Flüchtlinge, sondern um die Bebauung. Es gibt mittlerweile tolle Beziehungen zwischen den Geflüchteten und ihren Nachbarn. Sogar nach der Rückkehr einiger Bewohner in ihr Heimatland bestehen immer noch Kontakte. Davor muss man den Hut ziehen.“

Ab 1. Januar sollen die Flüchtlinge mehr Platz bekommen

Bielers Ansichten und Einschätzungen wurden am Mittwochabend immer wieder kontovers diskutiert. Das Mitglied des Landesflüchtlingsrates sagte beispielsweise, dass aufgrund der neuen Gesetzeslage die Flüchtlinge künftig wohl nicht mehr maximal sechs Monate in der Landeserstaufnahmestelle bleiben sollen, sondern bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens. Dadurch werde Ehrenamtlichen die Chance genommen, sich um die Menschen zu kümmern und sie zu betreuen. „Das ist doch reine Spekulation“, sagte Andrea Klöber. „Davon würde ich absehen.“ Auch im Land wisse man genau, wie wichtig Betreuung und Begleitung für eine gelingende Integration sei. Für Bieler war aber klar: Egal wie sich die Flüchtlingssituation im Land entwickle, für Ehrenamtliche gebe es immer etwas zu tun.

Das sieht man auch beim FFF so. Vor allem das Thema Wohnen beschäftigt den Freundeskreis intensiv. Von den rund 700 Flüchtlingen in Feuerbach dürften 351 sofort aus den Unterkünften ausziehen, hat Christa Cheval-Saur vom FFF errechnet. Doch der Wohnungsmangel in Stuttgart sei eklatant. Zudem käme erschwerend noch die Wohnsitzauflage hinzu. „Die baden-württembergische Landesregierung geht ganz strikt vor und beschränkt die Wohnraumsuche auf Stadt- und Landkreise“, sagt Cheval-Saur. „Je länger die Geflüchteten unter ihresgleichen in den engen Unterkünften verharren müssen, desto schwieriger kommen sie in regelmäßigen Austausch mit Nachbarn aus anderen Lebenszusammenhängen.“

Die meisten Flüchtlinge müssten also weiter in Systembauten ausharren. Derzeit stünden dort drei Personen insgesamt 14 Quadratmeter zur Verfügung. Doch das wird sich bald ändern. Wie das baden-württembergische Innenministerium auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt, müssen jedem Flüchtling ab 1. Januar „grundsätzlich eine durchschnittliche Wohn- und Schlaffläche von mindestens sieben Quadratmeter zugrunde gelegt werden“. Eine Übergangsfrist sei nicht vorgesehen. Die Stadt Stuttgart ist vorbereitet. „Wir planen die Umsetzung Zug um Zug“, betont der Leiter des Sozialamtes, Stefan Spatz. „Wenn es irgendwie möglich ist, wollen wir das weitestgehend im Bestand machen.“ Stand heute gebe es deshalb keinen Grund, über neue Systembauten zu spekulieren.

In Stuttgart leben derzeit 7346 Menschen in Flüchtlingsunterkünften. Die Belegungsquote beträgt aktuell 70 Prozent.