Bei der Gründung des Freundeskreises für Flüchtlinge in der Degerlocher Michaelskirche waren viele interessierte Helfer zugegen. Foto:  

Der Freundeskreis Flüchtlinge in Stuttgart-Degerloch wirbt um neue Helfer, die sich engagieren wollen. Denn seit der Gründung beklage man einen deutlichen Rückgang, hieß es im Bezirksbeirat.

Degerloch - 380 Menschen hatten sich vor knapp zwei Jahren bei der Gründung des Degerlocher Freundeskreises gemeldet, um sich freiwillig zu engagieren. Heute seien es deutlich weniger, sagte Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold bei ihrer kurzen Einführung zum Bericht des Freundeskreises im Bezirksbeirat am Dienstag. „Wir brauchen mehr Leute, um die verschiedenen Gruppen wieder intensiv zu begleiten“, sagte sie.

In der Unterkunft am Guts-Muths-Weg macht Leiter Björn Gieseler vor allem das ständige Kommen und Gehen der Bewohner zu schaffen. Grund für die hohe Fluktuation sei, dass die Flüchtlinge mittlerweile nicht mehr lange in den Erstunterkünften blieben. Insbesondere in Bezug auf sensible Themen wie Lärm und Müll, die jede Unterkunft beträfen, sei das schlecht. „Wir haben gerade 204 Bewohner aus 23 Nationen, darunter Familien und Alleinstehende. Bereits Anfang Juli ziehen jedoch wieder 31 davon in die Anschlussunterkunft nach Möhringen“, so Gieseler.

Es fehlt an Struktur im Tagesablauf

Doch auch Positives hatte er zu berichten. So sprächen mittlerweile viele Flüchtlinge gut Deutsch und nähmen an Sportangeboten teil. Struktur hätten die Tage für die meisten allerdings noch nicht. „Da hilft nur die Zeit“, sagte Gieseler. Erst durch Kindergarten, Schule und Beschäftigungen könne ein geregelter Tagesablauf entstehen. Amr Raimann, Leiter der Unterkunft an der Helene-Pfleiderer-Straße, berichtete vom Baufortschritt des dritten Hauses der Unterkunft. Das sei bis auf die Inneneinrichtung fertig. Mittlerweile gebe es einen Gemeinschaftsraum. Raimann lobte außerdem den Einsatz einiger Degerlocher Ärzte, die sich nach ihren Sprechstunden noch um die Bewohner kümmern.

Bernhard Bayer, zweiter Vorsitzender des katholischen Kirchengemeinderats und Mitglied der Steuerungsgruppe des Freundeskreises, sprach von einem „angepassten“ Engagement aus der Bürgerschaft, das er als normale Reaktion bewertete. Der Freundeskreis sei weiterhin stark in die Gesellschaft eingebunden. Man habe spezielle Angebote für Frauen, biete über die Pflichtkurse hinausgehende Sprachkurse und eine Teestube auf der Waldau an. Das Schicksal der Schutzsuchenden gehe an den Ehrenamtlichen nicht vorbei, sagte Bayer. So gebe es Frust, weil einige Flüchtlinge nur zeitlich beschränkte Aufenthaltsgenehmigungen statt einer vollen Anerkennung als Asylberechtigte erhielten.

Es betrifft die ganze Gesellschaft

Langfristig sei die Integration in den Arbeitsmarkt wichtig. Denn viele Menschen würden nun bleiben und in der Nachbarschaft leben. „Mit dieser Aufgabe klarzukommen, betrifft die ganze Gesellschaft“, so Bayer.

Das bestätigte Bezirksbeirätin Elfriede Grunow-Oßwald (CDU), die im Freundeskreis das Thema betreut. „Die Sprache ist ein großes Problem“, sagte sie. Immerhin habe man einigen Flüchtlingen Praktika vermitteln können. Ronald Stock (Grüne) freute sich darüber, dass die Flüchtlinge am 12. August erstmals selbst ein Fest für die Bürger organisieren wollen. „Wir sind schon sehr gespannt, wie das läuft“, sagte Stock.