Dustin Fischer und Jörg Schulze-Gronemeyer (am Tisch von links) stellen sich den Fragen der Bürger. Foto: Sandra Hintermayr

54 Flüchtlinge sollen so bald wie möglich im Waldheim Sonnenwinkel untergebracht werden. Sozialamt und evangelische Kirche informierten am 5. Oktober über den Stand der Dinge und beantworteten die Fragen der Dachswälder Bürger.

Dachswald - Bislang musste die Stadt Stuttgart 600 Flüchtlinge pro Monat aufnehmen, die ihr von der Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe zugewiesen wurden. Aufgrund der stetig wachsenden Flüchtlingsströme hat sich diese Zahl nun verdoppelt. „1212 Personen muss die Stadt monatlich aufnehmen“, erklärte Dustin Fischer vom Sozialamt Stuttgart am 5. Oktober in der Dachswaldkirche. Rund 100 Bürger hatten sich dort zusammengefunden, um sich über die Pläne zur Unterbringung von Flüchtlingen im Waldheim Sonnenwinkel zu informieren.

Neben Fischer stellte sich auch Jörg Schulze-Gronemeyer, der Leiter Jugend und Soziales der evangelischen Kirche Stuttgart, den Fragen der Bürger. „Wir möchten wissen, was Sie beschäftigt, wenn wir im Waldheim Flüchtlinge unterbringen wollen“, sagte Schulze-Gronemeyer. Aufgrund der aktuell hohen Flüchtlingszahlen soll das Waldheim so schnell wie möglich bezogen werden.

Unterkunft in unmittelbarer Nähe zu Kinderbetreuung

Bis in zwei Wochen sollen die Flüchtlinge einziehen können. Einige der anwesenden Bürger machten sich Sorgen um ihre Kinder, die im evangelischen Kindergarten am Waldheim und bei den Dachswald-Kids untergebracht sind. „Wie kann ich meine Kinder schützen? Gibt es eine Trennung zum Spielplatz?“, fragte ein Anwohner. „Ich habe Angst, dass etwas passiert, dass meine Kinder angegriffen werden“, äußerte ein anderer seine Befürchtungen. „Es braucht nur eine Person darunter sein, die Probleme macht. Meiner Sicht nach ist die Unterbringung im Waldheim fahrlässig“, sagte eine Anwohnerin. Schulze-Gronemeyer sicherte eine Abtrennung des Kindergartenaußenbereichs zu. Probleme mit Kinderbetreuungseinrichtungen habe es bislang in ganz Stuttgart nicht gegeben. Als Beispiel nannte Fischer das Bürgerhospital, in dem direkt gegenüber einer Kindertagesstätte 600 Flüchtlinge leben. „Wir verstehen, dass Sie das bewegt, aber wir können die Flüchtlinge auch nicht unter einer Brücke leben lassen“, so Fischer.

Die Unterbringung von 54 Menschen in einem Raum sahen einige Anwohner kritisch. Es könne zu Streitigkeiten unter den Flüchtlingen kommen. „Die Unterbringung entspricht nicht unserer Idealvorstellung, aber wir sind an einem Punkt angekommen, an dem die Unterbringung nicht immer so ist, wie wir uns das wünschen würden“, sagte Fischer. Man werde versuchen, mit mobilen Trennwänden ein wenig Privatsphäre zu schaffen. Ob man nicht schauen könnte, dass möglichst wenig verschiedene Kulturen im Waldheim untergebracht werden, wollte eine Bürgerin wissen. „Auf die Zusammensetzung haben wir keinen Einfluss“, sagte Fischer. Die Flüchtlinge werden über Karlsruhe zugewiesen.

Die Pflicht als Christ, sich Menschen in Not anzunehmen

„Streit kann es überall geben“, sagte Fischer auf die Frage, ob es in Stuttgarter Unterkünften schon Vorfälle gab. „Wenn Sie das Gefühl haben, es stimmt etwas nicht, scheuen Sie sich nicht, die Sozialarbeiter anzusprechen oder die Polizei zu rufen.“ Eine Bürgerin ergänzte: „Die Unterkunft ist nicht ausgeschlossen vom Rechtsstaat. Die Flüchtlinge haben Rechte und Pflichten, die sie lernen müssen.“ Mirja Küenzlen, die Pfarrerin der Dachswald- und der Thomaskirche, erinnerte die Bürger: „Es sind Menschen in Not, und es ist unsere Aufgabe als Christen, sich ihrer anzunehmen.“. Eine Anwohnerin bestätigte: „Man kann überall auf der Welt an schlechte Menschen geraten, das Wichtigste ist doch, dass man sich kennenlernt.“

Konkret wollten die Dachswälder wissen, was mit den Angeboten und Veranstaltungen passiert, die über das Jahr im Sonnenwinkel stattfinden, etwa das Musikschulangebot und die Waldheimfreizeiten. Das müsse im Einzelnen noch geklärt werden, sagte Schulze-Gronemeyer. Bis zum Sommer sollen die Flüchtlinge aber aus dem Gebäude ausgezogen sein; die Waldheimfreizeit sei nicht gefährdet. Weitere Sorgen machte den Bürgern die fehlende Nahversorgung im Dachswald. Die Flüchtlinge müssten für Einkäufe und um zu den städtischen Sprachkursen zu kommen die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. „Kann man den Menschen mit den VVS-Tickets finanziell entgegenkommen?“, fragte ein Bürger. Ein anderer schlug vor, einen Kleinbus zu organisieren, mit dem die Flüchtlinge gefahren werden können. „Ehrenamtliche Fahrer würden sich finden“, war er sich sicher. Zudem wurde angeregt, alte Fahrräder zu spenden. „Das soziale Engagement in Stuttgart ist phänomenal“, lobte Fischer die Ideen der Bürger.

Gemeinsam für ein gutes Miteinander

Die Bürger wollten ebenfalls wissen, wer für sie Ansprechpartner in Sachen Flüchtlingsunterbringung sein wird. Fischer und Schulze-Gronemeyer verwiesen auf die Sozialarbeiter, die tagsüber im Waldheim sein werden. Zudem werde es einen Ansprechpartner vonseiten der evangelischen Kirchengemeinde geben.

Pfarrerin Küenzlen schlug die Einrichtung eines Freundeskreises für Flüchtlinge vor, die Kirche könne hier als Unterstützer dienen. Sigrid Beckmann, die Vorsitzende des Bürgervereins Dachswald, ermutigte die Anwohner. „Gemeinsam können wir das packen“, sagte sie.