Großkomplex:Ein eher versteckt liegendes Gewerbeobjekt in der Ringstraße soll ab Jahresmitte Zuflucht bieten. Foto: Sascha Schmierer

In zwei Gewerbeobjekten will der Kreis kurzfristig bis zu 360 Menschen unterbringen. An den Planungen für die Container auf dem früheren Freibad-Areal oder die Unterkunft auf dem Freizeitgelände Lehmgrube ändert sich aber nichts.

Fellbach - Neben den Flüchtlingscontainern beim Familienbad F3 und der geplanten Systembau-Unterkunft auf dem Freibad-Areal will der Rems-Murr-Kreis auch zwei kurzfristig beziehbare Wohnheime in Fellbacher Gewerbeimmobilien schaffen. Gedacht ist an die Umnutzung zweier Bürogebäude in der Stauferstraße und in der Ringstraße.

In den beiden Zusatz-Unterkünften sollen bis zu 360 Menschen untergebracht werden

In den beiden Zusatz-Unterkünften sollen bis zu 360 Menschen untergebracht werden. Das gab das Landratsamt in Waiblingen am Dienstag in einer Presseerklärung bekannt. Mit der Nutzung der beiden von Privathand vermieteten und offenbar bereits weitgehend leer stehenden Bürobauten könnte die vom Landkreis ursprünglich auch in Fellbach ins Auge gefasste Zelthalle vom Tisch sein.

An den Planungen für die Container auf dem früheren Freibad-Areal oder die Unterkunft auf dem Freizeitgelände Lehmgrube im Stadtteil Schmiden ändert sich durch die beiden zusätzlichen Wohnheime im Gewerbegebiet allerdings nichts. Auch die Flüchtlingsunterkunft auf dem Parkplatz des Familienbads F3 soll wie geplant in den nächsten Tagen bezogen werden.

Kreisweit müssen bis Jahresende verlässlich etwa 9000 Plätze für Asylbewerber entstehen

„Der Druck, Flüchtlinge im Rems-Murr-Kreis unterzubringen, ist nach wie vor groß“, heißt es in der Mitteilung aus dem Kreishaus. Laut Landrat Richard Sigel müssen kreisweit nach aktuellem Stand bis Jahresende verlässlich etwa 9000 Plätze für Asylbewerber entstehen, um alle derzeit belegten Turnhallen und Notunterkünfte verlässlich räumen zu können. Mit Hilfe der Stadt Fellbach, so Sigel wörtlich, sei der Kreis diesem Ziel ein Stück näher gekommen, habe es aber noch lange nicht erreicht. Um so mehr drückt die Kreisverwaltung bei den jetzt neu ins Blickfeld gerückten Gewerbeobjekten aufs Tempo.

Die auf 60 Plätze ausgelegte Unterkunft in der Stauferstraße 9 etwa soll nach den Hoffnungen des Landratsamts offenbar schon Ende April bezugsfertig sein. Bei dem in Fellbach früher als Praxisstandort bekannten und zuletzt von einem Vertrieb für Bürobedarf genutzten Gebäude im Stadtteil Schmiden ist laut der Kreisbehörde vor allem an eine Belegung mit Familien gedacht.

Ungleich mehr Flüchtlinge allerdings sollen in einem Bürokomplex in der Fellbacher Ringstraße 26 unterkommen. In dem durch eine Hinterhof-Situation eher versteckt liegenden Bau im Gewerbegebiet will die Kreisbehörde bis zu 300 Menschen ein Dach über dem Kopf verschaffen. Der früher als Sitz einer Spezialfirma für Kugellager und Metallgelenke bekannte Standort beherbergte bisher die Niederlassung eines europaweit vertretenen Hydraulik-Dienstleisters. Das Landratsamt plant auch für diesen Standort nach eigener Aussage eine Belegung mit Flüchtlingsfamilien. Weil es in dem Gebäude bisher nicht nur am Brandschutz hapert, sondern auch Heizung und Sanitäranlagen nachgerüstet werden müssen, ist eine Belegung wohl nicht vor dem Sommer möglich.

OB Palm bezeichnete die Umnutzung der Bürogebäude als „keine Ideallösung, aber derzeit unumgänglich“

Der Fellbacher Oberbürgermeister Christoph Palm bezeichnete die Umnutzung der Bürogebäude in einer mit dem Landratsamt abgestimmten Mitteilung am Dienstag als „keine Ideallösung, aber derzeit unumgänglich und allemal sinnvoller als Notlösungen“ und zeigte sich erfreut, dass durch den Abschluss der zwei privaten Mietverträge wenigstens die auch für Fellbach angedachte Zeltlösung vom Tisch sei. Ausdrücklich wies der Rathauschef auf den „weitgehend problemlosen Betrieb der bisherigen Gemeinschaftsunterkünfte in der Stadt“ hin. „Wir haben in Fellbach mit dem bestehenden Netzwerk aus haupt- und ehrenamtlichen Kräften in den zurückliegenden Jahren genug positive Erfahrungen gemacht“, erklärte Christoph Palm.

Kritik aus der Bürgerschaft scheint der Landkreis aber vor allem bei der für 300 Flüchtlinge geplanten Unterkunft in der Ringstraße durchaus vorauszuahnen: Das Landratsamt bittet um Verständnis, dass für die Unterbringung der Asylbewerber auch weiterhin große Einrichtungen vorgesehen seien. „Der Kreis muss aktuell etwa 160 Flüchtlinge pro Woche aufnehmen und kann sich derzeit nicht auf eine Absenkung der Zuteilungsquote in den kommenden Monaten verlassen“, heißt es in der Mit-teilung. Ebenso sei die politische Entwicklung in Europa nicht absehbar.