Alena Burst und ihr buntes Meisterwerk Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die frisch gekürten Floristenmeisterinnen präsentieren an der Uni Hohenheim ihre blühenden Abschlussarbeiten. Es sind Kunstwerke aus Natur pur.

Stuttgart - „Die Exponate zeigen, wie in der Floristik der ökologische Gedanke verstärkt aufgegriffen wird. Der Wunsch nach Blumen, Pflanzen und Respekt vor der Natur sind wichtige Säulen des aktuellen Zeitgeistes“, sagt Gabriele Haufe, die fachliche Leiterin der Floristmeisterschule Hohenheim. Elf Frauen hören ihr aufmerksam zu. Ein Jahr lang haben sie sich bei ihr weitergebildet, sind nun Floristmeisterinnen und zeigten von Freitag bis Montag am Lehr- und Versuchsbetrieb der Staatsschule für Gartenbau ihre Werke unter dem Titel „Alles was dir blüht“. Vorgabe: Keinen Kunststoff wie Steckschaum, sondern möglichst nur Naturmaterialien verwenden.

Gras- und Holzgeflechte als Formgeber

Zum coronakonformen Rundgang durch die Ausstellung werden die Besucherinnen und Besucher denn auch von Globen empfangen aus Gras- oder Holzgeflecht. Darin, darauf oder daraus grünt und blüht es. „Den Efeu so wachsen zu lassen, ist nicht einfach“, erläutert Lehrmeister Jürgen Strohmeier. „Das sind die Formarbeiten. Thema hier war die Kugel.“

Kein Thema gab es bei den Brautsträußen: Wie Preziosen sind sie unter weißen, schmalen Pagoden – zum Schutz vor Regengüssen – arrangiert. Die Kreationen reichen von einem hängenden Schmuckstück mit zarten Blüten über ein zierliches, rosé-weißes Orchideen-Ensemble in Artischockenhülle, bis zu einem Samtschal, auf dessen Außenseite pinkfarbige Blümchen in Seegras eingeknüpft sind. Ein Band der Liebe! „Die Braut hängt es über die Hand, mit diesen Schlaufen wird es befestigt.“ Haufe zeigt wie es getragen wird. „Brautsträuße sind so individuell wie die Braut. Sie müssen zu Kleid, Stoff oder dem eventuellen Motto der Hochzeit passen.“

Kränze mit Baumrinde, Steinchen und Väschen

Höchst unterschiedlich sind auch die Kränze, die mit Baumrinde, zarten Geflechten aus Steinchen oder wasserbefüllten, im Kreis angeordneten Wachsväschen umgesetzt sind. Leichtigkeit regiert bei den Sträußen: Mal umschmeicheln lange Gräser wie archaische Wedel heimische Feldblumen mit exotischen Protea-Einsprengseln, mal beweisen Rosen und Co. wie faszinierend Asymmetrie sein kann.

Strohmeier nickt und betont, dass es nicht nur um den achtsamen Umgang mit „Lehrmeister Natur“, den gestalterischen, ästhetischen Gesetzmäßigkeiten, sowie ökologischem und nachhaltigen Handeln gehe. „Die floralen Werke müssen auch mindestens drei Tage lang bei der Kundschaft halten“, erklärt Strohmeier, in das Gewächshaus mit Themenarbeiten verweisend. Dort sind raumgreifende Kreationen zu entdecken, die – so die Aufgabe – nach Lyrik entstanden: Die Meisterfloristinnen mussten dafür Gedichte ziehen und umsetzen.

Unzählige Blüten in Form gebracht

Gottfried Benns Verse „es gibt nur zwei Dinge, die Leere und das gezeichnete Ich“ beschreibt ein Kubus aus Canna-Schilf, besteckt mit unzähligen Blüten, die geometrische Formen in ihrer Mitte umrunden. Johann Wolfgang von Goethes „Wenn im Unendlichen dasselbe“ wiederum inspirierte zu einem Blumenstück in Baumkronen. Was hinter den Floristmeisterinnenarbeiten 2021 steckt, Konzepte, Texte, gezeichnete An- und Draufsicht sowie Fotos der Verfasserinnen ist nebenan, im Arbeitsraum zu entdecken – zudem in einem Katalog alias „Gedankenheft“. Die Besucherinnen und Besucher sind begeistert: „Einfach fantastisch“, kommentiert eine Frau, ihre Begleiter nicken. „Echte Kunst, wunderbar passend im Naturambiente präsentiert, das ist einfach was für die Seele.“