Josef Kollo, Georg Fundel, Winfrid Hermann und Anke Kovar bei der Scheckübergabe im Stuttgarter Flughafen Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Traum vom emissionsfreien Flugverkehr soll Realität werden. Für Sommer 2016 ist der Erstflug eines viersitzigen Motorfliegers angekündigt, der keine Schadstoffe mehr produziert.

Stuttgart - Ein Jumbojet der Marke Boeing 747 verbraucht rund 13 600 Liter Kerosin – pro Flugstunde. Und allein in der Startphase schleudert solch ein Großflieger eine knappe Tonne Kohlendioxid in die Luft. Solche Zahlen untermauern das Bild vom umweltschädlichen Flugverkehr. Dass die Luftfahrtindustrie von diesem Negativimage weg möchte, liegt in ihrem ureigensten Interesse. Schon seit Jahren sind die Forscher auf der Suche nach Wegen zum klimaschonenden Luftverkehr. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat nun an seinem Standort Stuttgart eine neue Technologie zur Reife gebracht, die laut Standortleiterin Dr. Anke Kovar „als Einstiegsszenario für elektrisches Fliegen vor allem im deutschen und europäischen Regionalverkehr“ dienen soll.

Die Forscher des Stuttgarter DLR-Instituts für Technische Thermodynamik bauen derzeit ein viersitziges Flugzeug namens Hy4, das seine Energie komplett aus schadstofffreien Quellen bezieht. „Seit fünf Jahren arbeiten wir an dem Antriebssystem, das Brennstoffzelle und Batterie kombiniert“, sagt Prof. Dr. Josef Kollo, DLR-Koordinator Elektrisches Fliegen, über die Weiterentwicklung der einstigen Forschungsflugzeuge Antares H2 und H3. Die in Automotoren schon seit rund zehn Jahren verwendete Hybrid-Technologie den Erfordernissen eines Flugzeugmotors anzupassen, sei jetzt gelungen, verkündet Kollo. „Einen solchen Hybrid, wie wir ihn jetzt erschaffen haben, gibt es in der Luftfahrt in dieser Qualität wohl weltweit noch nicht“, sagt der Stuttgarter Forscher stolz. Für ihn ist sicher: „Damit wird emissionsfreie Luftfahrt Realität." Und damit das reine Experimentier- und Projektstadium verlassen. Im Sommer 2016 soll Hy4 zu seinem Jungfernflug starten, der Öffentlichkeit vorgestellt wird der Prototyp am 12. Oktober 2015 im Rahmen der Ausstellung „World of Energy Solutions“ in der Messe Stuttgart.

40- bis 50-Sitzer in Zukunft denkbar

Für das DLR ist das ein wichtiger Schritt, trotzdem lediglich eine Etappe hin zu den eigentlichen Zielen. „Wir wollen schrittweise die Personenkapazität, Reichweite und Zuverlässigkeit erhöhen, um so eine kommerzielle Nutzung zu ermöglichen“, betont Anke Kovar. Josef Kollo hält „40- bis 50-Sitzer“ nach einer ersten Optimierungsphase für realistisch.

„Es freut mich, dass dieser große Schritt in der Entwicklung des nachhaltigen Luftverkehrs in Baden-Württemberg erfolgt und so der Forschungs- und Entwicklungsstandort hier im Land gestärkt wird“, sagt Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), der das DLR als „Partner der Energiewende“ bezeichnet. Als Aufsichtsratvorsitzender der Flughafen Stuttgart GmbH überreichte Hermann zusammen mit Flughafenchef Georg Fundel am Montag einen Scheck über 180 000 Euro an die beiden DLR-Mitarbeiter. „Das signalisiert unseren Partnern, dass das keine Luftnummer mehr ist“, sieht Kollo die Spende des Flughafens als „Türöffner“.