Kartei für Verkehrssünder: Laut Ramsauer wird es keinen Erlass der Punkte geben.

Berlin - Autofahrer in Deutschland müssen sich auf ein neues Flensburger Punktesystem einstellen. Die Verkehrssünderdatei solle einfacher, gerechter und transparenter werden, sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) am Dienstag in Berlin. Den Plänen nach gibt es künftig nur zwei Punktekategorien. Dafür soll die Grenze für den Führerscheinentzug von 18 auf 8 Punkte sinken. Der aktuelle Punktestand soll nach Inkrafttreten der Reform in das neue System übertragen werden. Bei Verbänden und Gewerkschaften stieß die geplante Reform auf ein geteiltes Echo. Ramsauer will das Verkehrszentralregister zu einem „Fahreignungsregister“ umbauen. Das bisherige System sei „ausgesprochen kompliziert und intransparent“, sagte er.

Ordnungswidrigkeiten sollen demnach mit einem Punkt bestraft werden. Dies gelte etwa für leichte Geschwindigkeitsüberschreitungen oder das Telefonieren am Steuer. Schwerwiegende Delikte wie Alkoholfahrten oder schwere Rotlichtverstöße sollen mit zwei Punkten geahndet werden. Bislang konnten für ein Vergehen bis zu sieben Strafpunkte verhängt werden. Ramsauers Konzept sieht vor, dass ein Abbau von Punkten durch Aufbauseminare nicht mehr möglich ist. Ab vier Punkten erhalten Verkehrssünder eine Ermahnung. Wer sechs Punkte auf dem Konto hat, muss ein sogenanntes Fahreignungsseminar absolvieren.

Punkte werden übertragen

Erfasst würden nur noch sicherheitsrelevante Vergehen, fügte der Minister hinzu. Verstöße wie das unerlaubte Fahren in Umweltzonen sollen demnach nicht mehr mit einem Punkt ins Flensburg geahndet werden. Es gehe darum, die „Fahreignung zu erfassen und zu bewerten“. Der Punktestand soll nach einem festen Umrechnungsschlüssel in das neue System überführt werden. Dabei werde niemand besser oder schlechter gestellt. „Eine Generalamnestie wird es definitiv nicht geben“, betonte Ramsauer. Wer bis zum Stichtag sieben Punkte gesammelt hat, liegt nach der neuen Zählung „im grünen Bereich“ (1 bis 3 Punkte). Verkehrsteilnehmer, die im alten Register mindestens acht Punkte oder mehr auf ihrem Konto haben, erhalten eine Ermahnung.

Fahrer mit 14 bis 17 Punkten werden verwarnt und zur Teilnahme an einem Aufbauseminar verpflichtet. Wer bis zum Stichtag 18 oder mehr Punkte gesammelt hat, muss seinen Führerschein abgeben. Ramsauers Konzept sieht zudem feste Tilgungsfristen vor: „Jeder kann nachvollziehen, wie lange seine Punkte im Register gespeichert sind“. Straftaten würden künftig nach zehn und nicht wie bisher nach fünf Jahren gestrichen. Schwere Ordnungswidrigkeiten würden nach fünf anstatt zwei Jahren getilgt. Anders als bisher verjähre jeder Verstoß einzeln.

Reformpläne stoßen auf Kritik

Das vorgestellte Konzept sei kein ausgefeilter Gesetzesentwurf. Vielmehr sei es Grundlage für eine breite fachliche und gesellschaftliche Diskussion. Auch die Einwände von Verbänden würden berücksichtigt. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR), die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und der ADAC begrüßten Ramsauers Konzept. Vor allem die Beschränkung auf zwei Punktekategorien traf bei Verbänden und der Opposition aber auf Kritik. Der Minister verabschiede sich damit von einer differenzierten Bewertung einzelner Verkehrsvergehen, monierte der Auto Club Europa (ACE). Auch der SPD-Verkehrsexperte Sören Bartol warnte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vor einem „Rabatt für Raser und Drängler“.

Die Grünen sprachen von „reiner Symbolpolitik“. Wichtiger als ein neues Punktesystems seien präventive Maßnahmen wie ein Tempolimit auf Autobahnen sowie mehr Verkehrskontrollen, sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warf Ramsauer ein „verkehrspolitisches Schattenboxen“ vor. Nur eine stärkere Verkehrsüberwachung könne für mehr Sicherheit sorgen, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut.