Vor allem Rindfleisch hat eine schlechte Klimabilanz – doch werden Steakhäuser deshalb weniger besucht als früher? Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Rindfleisch droht wegen seiner schlechten Klimabilanz ähnlich in Verruf zu geraten wie Flugreisen. Doch in Stuttgarts Steakadressen spürt man nichts davon.

Stuttgart - Rund ein Fünftel der Treibhausgas-Emissionen entsteht durch die Produktion von Lebensmitteln. Bei Rindfleisch verhageln der hohe Wasser- und Flächenverbrauch, der Methangas-Ausstoß der Tiere sowie der Transport die Bilanz. Einen allgemeingültigen Vergleichswert zu errechnen ist wegen je nach Herkunft abweichender Faktoren schwierig, aber Studien schwanken zwischen zehn und dreißig Kilogramm CO2-Äquivalenten pro Kilo Rindfleisch. Nur die Herstellung von Butter steht noch schlechter da.

Eine Umfrage bei Stuttgarts Fleischadressen zeigt jedoch, dass sich die negative Bilanz ebenso wenig auf das Verbraucherverhalten auszuwirken scheint wie die sogenannte Flugscham oder Kritik an SUVs. So auch nicht im Restaurant Christophorus, das seit der Eröffnung des Porsche-Museums 2009 eine der ersten Adressen für Prime Beef in der Stadt ist. Vom Filet Mignon Lady’s Cut 180 Gramm für 44 Euro bis zum Prime-Rib Original mit 600 Gramm für 85 Euro reicht das Angebot. Aber ob man nun den Küchenchef Thomas Heilemann, die Gastronomieleiterin im Porsche-Museum, Tanja Brockmann, oder den Pressesprecher des Hauses, Philipp Schumm, fragt – eine Veränderung bei der Nachfrage der Gäste merke man nicht. Obwohl das Christophorus in einigen Portalen unter Steakhaus läuft, sagt Schumm, US-Prime-Beef sei nicht gar so sehr Hauptmerkmal des Hauses. Man habe auch viele saisonale Produkte von regionalen Anbietern sowie vegetarische Alternativen. Ein Mittagsbesuch jüngst zeigte aber: Die meisten bestellen halt doch ihr Steak.

Klimadebatte hat Konsumverhalten nicht verändert

In der Meatery, die in Deutschland drei Restaurants betreibt und in Stuttgart seit 2013 eines in der Kronprinzstraße, liegt der Fokus schon mit der Namensgebung unverblümt auf Fleisch. Hier geht’s auf der Karte bis zum Porterhouse-Steak von 900 Gramm für 98 Euro. Der stellvertretende Geschäftsführer Dimitri Glinnik sagt, dass seine Gäste immer schon auf Qualität und Herkunft achteten und sich hin und wieder etwas Besonderes leisteten. Daran habe die Klimadebatte nichts geändert. Auch der Gastronom Michael Wilhelmer, zu dessen Unternehmen die Ampulle im Stuttgarter Westen mit dem Untertitel Dry Gin & Beef Club gehört, sieht keinen allgemeinen Wandel im Konsumverhalten. „Lieber seltener Fleisch essen und dafür besseres“ gelte für ihn, seine Gäste – wie eigentlich für alle Teilnehmer unserer kleinen Stichprobe. In der Ampulle geht das bis zum Tomahawk-Steak von ca. 1,3 Kilo für 129 Euro und „bis zu drei Personen“, wie auf der Karte steht.

Thorsten Socha, Restaurantleiter vom Stuttgarter Abacco’s Steakhouse, einem Unternehmen, das für seine fünf Häuser mit dem „weltbesten Steak“ wirbt, kann sich gut an einen Mann erinnern, der sich ein 1,2-Kilo-Steak alleine gegönnt habe. Auch er registriere keine sinkende Nachfrage, im Gegenteil: „Es kommen eher mehr Gäste, weil unsere Qualität immer bekannter wird“, sagt er. Darunter sei dem Klischee zum Trotz auch ein hoher Frauenanteil, ja, sogar reine Frauengruppen gingen ins Abacco‘s.

Nachfrage nach Rindfleisch aus Deutschland steigt

Klar ist: „Das Publikum, das diese Fragen kontrovers diskutiert, kommt zu unseren Veranstaltungen erst gar nicht“, sagt Dirk Pohl. Mit Christian List hat er 2018 die Beef Society als einen „Treffpunkt für Liebhaber hochwertigen Fleischs“ ins Leben gerufen. Über den generell hohen Fleischkonsum sagt er, „ein Umdenken ist nötig, aber solange die Nachfrage da ist, wird weiter viel zu billiges Fleisch produziert“. Auch das Thema fleischähnliche Produkte wie vom Unternehmen Beyond Meat werde an Relevanz gewinnen, glaubt Pohl. Er aber greife lieber gleich zur Falafel, das sei ehrlicher, als Burger zu imitieren.

Im Meat Club, einem auf besonderes Fleisch spezialisierten Fachhandel in der Eberhardstraße, wird Ware aus aller Welt verkauft, aber laut dem Geschäftsführer Christian Hartmann steige auch die Nachfrage nach Beef aus Deutschland. Grundsätzlich sagt er: „Ich finde den öffentlichen Aufschrei makaber, wenn es im Supermarkt Fleisch für 3,99 das Kilo gibt.“ Er sei jederzeit bereit, sich mit kritischen Verbrauchern auseinanderzusetzen, wenn es nicht in „fast religiöse Ausmaße oder Fanatismus“ ausarte wie bei Veganern, die den Meat Club schon vor der Eröffnung 2018 mit mehr als hundert Negativbewertungen traktiert hätten.

Gastronomen der Steakhäuser sehen keine Veränderung

Zu den ältesten Steakhäusern in Stuttgart zählen das Maredo, wo man an die Zentrale in Düsseldorf verweist, und das Block House. Die Filiale am Hauptbahnhof, eine von 42 in Deutschland, konnte kürzlich ihr 30-Jahr-Jubiläum feiern. Vanessa De Giorgi, die dort seit einem Jahr Betriebsleiterin ist, zeigt sich auskunftsfreudig. Sie habe schon damit gerechnet, dass sich der Fleischkonsum im Zuge der Klimadebatte ändern werde, könne dies aber in ihrem Restaurant ebenfalls nicht feststellen. Das Feedback der Gäste sei: Zu Hause werde weniger Fleisch gegessen, aber einmal die Woche ins Steakhaus zu gehen sei durchaus drin, wenn das Angebot transparent sei.

Die Statistik, laut der jeder Deutsche auf 60 Kilogramm Fleisch im Jahr kommt (so die Erhebung von 2018), unterscheidet übrigens nicht zwischen dem Konsum daheim und dem im Restaurant.