Ein Korber Wengerter verbessert den Boden in seinen Rebhängen mit Pferdemist und Pflanzenrückständen anstatt zum Mineraldünger zu greifen. Foto: dpa

„Ihr spritzt und düngt zu viel.“ Das hören Wengerter, die ihren Weinberg konventionell bearbeiten.

„Ihr spritzt und düngt zu viel.“ Diesem Vorwurf sehen sich hierzulande Wengerter ausgesetzt, die ihren Weinberg mit konventionellen Methoden bearbeiten. Ein heute bekannter Weinmacher aus dem Remstal erboste sich schon im jugendlichen Alter über diese Unterstellung. Sein Berufsstand bringe nur soviel Chemie im Weinberg aus, wie es nötig ist. Alles andere wäre Verschwendung und das Geld in den Weinberg geworfen. Angesichts des auch bei den Wengertern ausgeprägten schwäbischen Sparwillens mag diese Erklärung durchaus glaubwürdig klingen. Kritischen Weintrinkern genügt sie dennoch nicht. Sie greifen lieber zu Weinen mit dem Biozertifikat, um der Chemiekeule mit Sicherheit zu entgehen.

„Bio ist nicht alles im Weinbau“, sagt dagegen Jens Zimmerle. Der Juniorchef des gleichnamigen Korber Weinbaubetriebs setzt lieber auf das Prinzip der Nachhaltigkeit. Dafür gibt es mittlerweile wie in der Industrie oder im Gesundheitswesen auch im Weinbau ein Zertifikat. Es nennt sich FairChoice – frei übersetzt: gerechte Wahl. Kennengelernt hat Zimmerle dieses Prinzip während seines Weinwirtschaftsstudiums in Heilbronn. Dort lehrt auch Armin Gemmrich. Er will über das Deutsche Institut für nachhaltige Entwicklung für diese Wirtschaftsweise auch den Weinbau gewinnen. Bis jetzt haben sich aber nur eine Handvoll Betriebe gefunden, die die Zertifizierungshürden überspringen wollen. Zimmerle ist einer davon, der es geschafft hat.

Zur Nachhaltigkeit im Weinbaubetrieb gehört nicht nur Abkehr von Produkten wie Dünger

Anstrengen müssen sich die Wengerter für das FairChoice-Siegel vor allem in ihrer Werkstatt unter freiem Himmel – dem Weinberg. Viel Natur, wenig Chemie heißt dort die Vorgabe. Deshalb verbessert der Korber den Boden in seinen Rebhängen mit Pferdemist und Pflanzenrückständen anstatt zum Mineraldünger zu greifen. Derzeit verbraucht Zimmerle nur ein Fünftel der erlaubten Höchstmenge. In fünf bis sechs Jahren will er ganz auf Kunstdünger als Wachstumshilfe für seine Reben verzichten können.

Zur Nachhaltigkeit in einem Weinbaubetrieb gehört allerdings nicht nur die Abkehr von Produkten wie Dünger, die nur durch einen hohen Energieaufwand hergestellt werden können. Geprüft werden auch die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Weinbaubetriebs. Schludrigkeit können sich Nachhaltigkeits-Wengerter nicht leisten. Sie werden in regelmäßigen Abständen in allen Kategorien geprüft. Gibt’s auf einem Feld die rote Karte ist das Siegel futsch.