Holzgeschmack bei Wein wirkt wie aufgesetzt. Foto: dapd

Allen Menschen, die über die Preise hiesiger Weine klagen, sei ein Ausflug nach Amerika empfohlen.

Ich bin wieder aus meinem Urlaub an der Ostküste der Vereinigten Staaten zurück – und natürlich hat mich mein erster Weg sofort in meinen Weinberg nach Untertürkheim geführt. Bevor die Familie ins Inselbad durfte, musste sie das Wachstum der Lemberger-Reben begutachten. Meinem Sohn war das zu langweilig, er hat sich den Anblick erspart und gepennt. Ich finde, er hat etwas verpasst: Die Reben sehen ganz wunderbar aus, weder durch meine Schnittkunst noch durch das Anbinden scheine ich die Pflanzen nachhaltig geschädigt zu haben. Dies hat mir zumindest mein Kennerblick gesagt, jetzt warte ich ab, was Bernd Munk, der Chef der Weinmanufaktur und mein Mentor, zum Stand der Dinge meint.

Derweil bleibt mir ein bisschen Zeit, mich endgültig um meinen Chardonnay zu kümmern. Auch wenn mein Vater mir beharrlich erklärt, dass ich eindeutig mehr über Trollinger schreiben müsse, weil das die Leute interessiert – zunächst muss der Chardonnay in die Flasche.

Während meines Urlaubs in Amerika ist mir angesichts dieses Weins wesentlich wohler geworden. Dort haben wir nämlich am Anfang beharrlich Chardonnay probiert, was anderes, Bezahlbares findet man in den Weinläden von New York selten. Die erste Feststellung: Der Wein in Amerika ist sehr, sehr teuer. Allen Menschen, die über die Preisgestaltung unserer Wengerter klagen, sei ein Ausflug über den großen Teich empfohlen. Unter zehn Dollar ist fast nichts zu kriegen – und, nimmt man die Massenweine der kalifornischen Riesenweingüter aus, nur sehr wenig, was sich mit Rücksicht auf den Gaumen wirklich trinken lässt. Ich dachte mir: Wer in dem Land einen anständigen, günstigen Rivaner auf den Markt bringt, der muss doch reich werden!

Immerhin bietet der Kalifornier richtig viel Eichegeschmack fürs Geld – extrem viel

Für fünfzehn Dollar gab’s dann passablere Chardonnays, umgerechnet zwölf Euro. Bei uns kostet eine vergleichbare Qualität definitiv weniger. Immerhin bietet der Kalifornier richtig viel Eichegeschmack fürs Geld, um nicht zu sagen extrem viel. Mich hat der Duft nach Sägemehl sofort an meinen eigenen Chardonnay erinnert, dem ich mit meinem Versuch, ihn im 30-Liter-Schnaps-Eichenfass auszubauen, schwer zugesetzt habe. Natürlich darf der Mensch in solchen Fällen nicht seinen Vorurteilen frönen, ich tue so etwas trotzdem – ich vermutete nicht nur bei einem Wein, dass hier mit Holzchips gearbeitet worden ist. Unharmonisch sind solche Tropfen oft, der Holzgeschmack wirkt wie aufgesetzt. Ganz so leicht habe ich es mir nicht gemacht, möchte ich an dieser Stelle betonen!

Was mir gefallen hat: Kommt man raus aus der großen Stadt und rein in die Weinanbaugebiete, werden die Tropfen sofort besser wie auch die Sortenvielfalt und die Preise. An der Ostküste, die nicht gerade als Weinanbaugebiet berühmt ist, scheinen die Leute ihren Wein, wie unsereins, vor allem selbst zu konsumieren. In Virginia zum Beispiel nimmt der Anbau stetig zu, vermutlich, weil die reichen Leute in Washington zwar global denken, aber nun trendig lokal trinken. Ich habe auch ein paar Weingüter besucht, wie ich das immer mache, und habe mich in dieser hügelig grünen Landschaft fast im Remstal gewähnt.

Nächstes Mal fahre ich nach Kalifornien. Sollte hier keiner meinen Chardonnay mögen, bekomme ich dort mindestens zehn Dollar für die Flasche.