Immer mehr Menschen trainieren in Fitnessstudios Foto: StN

Die Zahl der Fitnessstudios wächst, die Konkurrenz untereinander auch. Immer mehr Kunden beklagen sich, bei Kündigungen Probleme zu haben. Verbraucherschützer sprechen davon, dass die Branche zu ihren Haupttätigkeiten gehört.

Die Zahl der Fitnessstudios wächst, die Konkurrenz untereinander auch. Immer mehr Kunden beklagen sich, bei Kündigungen Probleme zu haben. Verbraucherschützer sprechen davon, dass die Branche zu ihren Haupttätigkeiten gehört.

Stuttgart - Ein Autounfall mit einer Rückenverletzung kann vieles verändern. Beispielsweise den sportlichen Alltag. „Ich kann nicht mehr im Fitnessstudio trainieren“, sagt eine Frau aus dem Kreis Böblingen. Weil die 46-Jährige dort eigentlich noch einen Vertrag bis Ende Oktober hat, lässt sie sich vom Arzt ein Attest ausstellen und schickt die außerordentliche Kündigung ab. Die Reaktion des Studiobetreibers kann sie kaum fassen: Er weigert sich, sie aus dem Vertrag zu lassen – und schickt fleißig Mahnungen, weil sie nicht weiter bezahlen will.

Die 46-Jährige ist damit nicht allein. Bei einigen Betrieben scheint es gang und gäbe zu sein, erkrankte oder verletzte Kunden hinzuhalten. Über ein weiteres Studio, ebenfalls im Kreis Böblingen, beschweren sich gleich mehrere Mitglieder. Zweien sind nach Ablauf des Vertrages noch Gebühren abgebucht worden, einem ist nach seiner Kündigung gar ein Drohbrief geschickt worden. Auch der Hinweis auf ein Inkassobüro wird dort offenbar gern verwendet.

„Ich habe wegen gesundheitlichen Problemen außerordentlich gekündigt“, sagt eine 26-jährige Kundin des Unternehmens. Ebenfalls mit ärztlichem Attest. Doch das Ende des Zwei-Jahres-Vertrages bedeutete das nicht. Es kam schlicht überhaupt keine Reaktion. „Auf Nachfrage hieß es, die Kündigung sei wohl untergegangen“, erzählt die Betroffene. Nach mehreren weiteren Schreiben geht sie selbst ins Studio, um über die Sache zu reden. Die Antwort? „Die haben gesagt, sie bekämen zehn solcher Briefe am Tag. Die würden allesamt nicht akzeptiert“, so die junge Frau. Man habe ihr lapidar gesagt, sie solle sich halt einen Anwalt nehmen, wenn ihr die Reaktion nicht passe.

Bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg wundert man sich nicht über solche Methoden. „Wir bekommen viele Beschwerden bezüglich der Fitness-Branche, das ist einer unserer Schwerpunkte“, sagt Ulrike Weingand vom Referat Recht. Es gebe einerseits viele Studios, die korrekt handeln, andere dagegen sträubten sich gegen Kündigungen und versuchten alles, um die Kunden zu halten.

Rechtens ist das im Falle eines ärztlichen Attests nicht. „Wenn man aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr trainieren kann, hat man ein außerordentliches Kündigungsrecht“, sagt Ulrike Weingand und beruft sich auf Paragraf 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Bei einem Umzug, der einem das Trainieren im bisherigen Studio unmöglich macht, ist die Lage freilich nicht so eindeutig. „Es gibt da zwar einige Urteile von Amtsgerichten, ich würde mich im Zweifel aber nicht darauf verlassen, sondern versuchen, eine Einigung mit dem Betreiber zu erzielen“, rät die Expertin.

Auf Einschüchterungsversuche im Falle einer berechtigten außerordentlichen Kündigung sollten sich Betroffene nicht einlassen. „Wenn der Kunde nichts vorausbezahlt hat, kann er sich ruhig eine Klage androhen lassen“, so Weingand. Schwarze Schafe in der Branche kündigten die regelmäßig an, ließen dann aber die Finger davon – wohl wissend, dass sie im Unrecht sind.

Schwieriger wird es, wenn man bereits bezahlt hat. „Dann müsste man eigentlich in die Offensive gehen“, rät Weingand. Das allerdings stellt sich in der Praxis als nicht so einfach heraus. Um gegebenenfalls einige Hundert Euro zurückzubekommen, müsste man einen Rechtsanwalt engagieren und erst einmal investieren. Davor und vor dem damit verbundenen Ärger scheuen viele Kunden aber zurück.

Beim Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheitsanlagen (DSSV) bestätigt man die Angaben der Verbraucherzentrale. Ein Umzug falle, sofern er nicht sehr kurzfristig erfolge, ins allgemeine Lebensrisiko des Kunden, so Sprecher Dustin Tusch: „Insoweit braucht sich das Studio nicht auf eine Kündigung einzulassen.“ Bei einem Attest dagegen sei eine Kündigung sofort möglich. Gebe es an der Rechtmäßigkeit Zweifel, könne ein Gericht sie feststellen. All dies empfehle man auch den eigenen Mitgliedern. Dazu gehört jede dritte Fitness-Anlage in Deutschland. Auf Nichtmitglieder habe man allerdings keinen Einfluss.

In den vergangenen Jahren mischen vermehrt auch Sportvereine beim Krafttraining mit. Das löst immer wieder Konflikte mit reinen Fitnessstudios aus. Bei den Vereinen sind die Kündigungsregelungen verschieden. Beim Tus Stuttgart beispielsweise kommen Kunden ohnehin innerhalb von sechs Wochen aus dem Vertrag. „Wenn jemand krank ist, kann er sofort kündigen oder die Mitgliedschaft ruhen lassen“, heißt es dort. Das funktioniere problemlos.

Ob zunehmender Konkurrenzdruck zu rüderen Methoden führt, ist offen. „Die Fitnessbranche ist eine Wachstumsbranche, jedes Jahr entsteht eine Vielzahl neuer Anlagen“, sagt Verbandssprecher Tusch. Allerdings steige auch die Nachfrage. „Eine Marktsättigung sehen wir in Deutschland, wenn die Zahl von zehn Millionen Trainierenden überschritten wird“, so Tusch. Davon sei man mit derzeit 8,55 Millionen Sportlern aber noch rund drei Jahre entfernt.

Die 46-Jährige aus dem Kreis Böblingen will kämpfen. „Ich war beim Anwalt und weiß, dass ich im Recht bin“, sagt sie. Falls das Studio nicht einwillige, gehe der Fall vor Gericht. Unabhängig davon ist sie zu einer Erkenntnis für sich gelangt: „Falls ich jemals wieder trainieren gehe, nehme ich kein Studio mit Vertragsbindung mehr. Diese Lehre habe ich aus der Geschichte gezogen.“