Eine neue Fitnessidee basiert auf dem Samba-Schritt - da macht das Kalorienverbrennen Spaß.
Stuttgart - Bauch-Beine-Po-Gymnastik, Ausdauertraining auf dem Stepper oder dem Crosstrainer: Alles schön und gut. Doch auch tanzend lässt sich viel für die Figur tun. Der neueste Trend aus den Fitnessstudios heißt Zumba.
Spätestens nach den närrischen Tagen ist die Zeit des Schlemmens vorbei. Nun sollen die in der Weihnachtszeit, auf Silvester- und Faschingspartys angefutterten Pfunde wieder schmelzen, die sich an Hüften und Bauch festgesetzt haben. Viele Menschen haben den Vorsatz gefasst, abzunehmen und mehr Sport zu treiben. Eine bessere Kondition steht ebenfalls auf der Wunschliste.
Wer sich in den Vereinigten Staaten um seine Idealfigur sorgt, schwört derzeit auf das Tanz-Work-out Zumba. Die Fitness-Neuheit aus Kolumbien enthält Schritte aus lateinamerikanischen Tänzen wie Salsa, Merengue, Samba oder Cumbia. Als Erfinder von Zumba gilt der kolumbianischstämmige Choreograf Alberto Perez aus Miami, genannt Beto.
Jürgen Wacker, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie aus Schwäbisch Gmünd, kennt die Vorzüge des Tanzens. Es verbessere die Koordination sowie die Ausdauer ohne größeres Belastungsrisiko. Eines sieht er aber weniger rosig als im Werbespot für Zumba im Fernsehen dargestellt: Dort heißt es, man könne pro Stunde bis zu 1000 Kalorien verbrennen, den Bauch festigen und den Po straffen - ganz ohne Sit-ups. "Mit Tanzen kann man auf jeden Fall abnehmen", bestätigt Wacker zwar, aber den durchschnittlichen Verbrauch schätzt er realistisch auf rund 400 Kalorien pro Stunde. Immerhin.
Mindestens zweimal die Woche sollte man sich bewegen, wünschenswert seien dreimal. "Allein durch Sport gelingt das Abnehmen jedoch nicht", warnt der Experte. "Erfolgreich wird das erst, wenn man auch die Ernährung umstellt." Die Fettverbrennung werde jedoch in jedem Fall angekurbelt, und man tue etwas für sein Aussehen. "Leute, die tanzen, haben ein besseres Körpergefühl und erhöhen ihre Ausstrahlung", weiß der Orthopäde.
Die 29-jährige Amerikanerin Mandi Hutchins aus Marbach am Neckar hat das Zumba-Fieber schon vor drei Jahren gepackt. "Man fühlt sich beim Tanzen wie auf einer Party", beschreibt sie. Als die Pilates- und Yoga-Lehrerin in ihrer Tanzschule auf einem der Stundenpläne den Kurs Zumba entdeckte, wurde sie neugierig. Bald ließ sie sich selbst zur Lehrerin ausbilden.
"Zumba gibt es in den USA seit mehr als zehn Jahren", erzählt die Latinotanztrainerin Sylvia Moreno. In ihrer Heilbronner Tanzschule Salsa-Morena unterrichtet sie seit kurzem auch die lateinamerikanische Dancefitness. Um mir ein eigenes Bild von Zumba zu machen, besuche ich einen der Kurse in der Salsa-Tanzschule. Die Kleidung für das Work-out ist leger: Die meisten Kursteilnehmer tragen Baggypants, ein eng anliegendes Top und Turnschuhe. Festes Schuhwerk ist wichtig, um die Verletzungsgefahr gering zu halten. Ein DJ legt Reggaeton-Musik auf, den flotten Hip-Hop aus Lateinamerika. Sylvia Morena zeigt die Schritte und schon schwingen wir gemeinsam die Hüften im Rhythmus und lassen die Schultern im Takt kreisen. Die Füße übernehmen die Grundschritte des Salsa.
Die Tanzlehrerin ruft: "Arme hoch." Je höher wir sie schwingen und je tiefer wir uns in der Hocke drehen, umso mehr Energie verbrennen wir, erklärt sie. Alle Muskeln des Körpers werden gestärkt, insbesondere die des unteren Rückens, weil der Tanz von der Hüfte ausgeht. Bald rinnt bei mir der Schweiß.
Trinkpausen einlegen rät Stefan Vogt, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, der mit Wacker eine Gemeinschaftspraxis führt. Jede halbe Stunde sollte man 0,2 bis 0,3 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. "Der Körper dehydriert sehr schnell, wenn keine Flüssigkeit zugeführt wird", erläutert er.
Bei allem Spaß sollte man beim Work-out an die Gesundheit denken und sich nicht überlasten. Sonst drohen Probleme mit dem Herzen, dem Kreislauf oder dem Bewegungsapparat, warnt Wacker. Symptome, die auf eine Überanstrengung hindeuten, können laut Vogt Muskelkater oder Sehnenschmerzen sein. Obwohl man für Sport nie zu alt ist, braucht der ältere Mensch länger als der jüngere, bis er sich auf die Bewegungen und die ungewohnte Belastung eingestellt hat, erklärt Wacker. Zudem brauche er eine längere Regenerationsphase.
Wenn man älter als 35 Jahre ist und längere Zeit keinen Sport mehr gemacht hat, sollte man sich vorher ärztlich durchchecken lassen und ein Belastungs-EKG machen. Vogt rät insbesondere Menschen mit Bandscheibenvorfällen, Neigung zu Hexenschuss, Hüft- oder Sprunggelenksbeschwerden dazu, vor der Ausübung von Zumba einen Orthopäden zu konsultieren.
Für Zumba spricht nicht zuletzt, dass die Schritte leicht zu lernen sind und dass man keine tänzerischen Vorkenntnisse braucht, sagt Sylvia Morena. "Der Spaßfaktor ist sehr hoch. Man kann das Tempo drosseln und selbst dosieren, wie viel Fitness man in einer Stunde erleben will." Auch Wacker empfiehlt, dem Körper nur so viel zuzumuten, wie er verträgt. "Wichtig ist, nicht gleich in die Vollen zu gehen und langsam zu beginnen."
Im Gegensatz zu Aerobic muss man sich bei Zumba keine komplizierte Choreografie merken. Zu meiner Überraschung stelle ich auch fest, dass der Männeranteil im Gegensatz zu Aerobic-Kursen ungewöhnlich hoch ist. Kein Wunder: Die Bewegungen zu lateinamerikanischen Rhythmen sind erotisch, und beim Tanzen entsteht so mancher Flirt. Das lockt Singles an - ob Frau oder Mann.
Dank der mitreißenden Musik vergeht die Zeit wie im Flug: Ich fühle mich ausgepowert, aber gut gelaunt. Ich nehme mir fest vor, die Couch von nun an regelmäßig für eine Zumba-Stunde zu verlassen.