An den Wasserkraftwerken wie hier in Bad Cannstatt werden Fische nur auf Schildern geschont. Doch Lösungen zu finden, ist nicht so einfach. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Wasserkraft ist gut. Tierschutz aber auch. Wenn sich beides in die Quere kommt, gerät die Politik in die Klemme. Das kann aber kein Grund sein, nicht zu handeln.

Stuttgart - Millionen Wirbeltiere sterben im Namen der Wasserkraft. Auf diesen einfachen Nenner bringt so mancher Kritiker das Problem, dass am Neckar keine einzige Wasserkraftanlage steht, die Fischen einen vernünftigen Durchlass ermöglicht. Stattdessen machen Turbinen und Rechen kurzen Prozess. Erstaunlich dabei ist, dass der Zustand von der Politik hingenommen wird, obwohl sie die Folgen kennt. Ginge es um Kernkraftwerke, wäre das sicher anders. Aber regenerative Energien gelten als umweltfreundlich und gewollt. Da wird es ziemlich unangenehm, wenn man eigentlich einschreiten müsste. Tierschutz gegen Wasserkraft – das reinste Öko-Dilemma.

Fairerweise muss man erwähnen, dass auch die Wissenschaft ein Stück weit im Dunkeln tappt. Wie man den Abstieg der Tiere sinnvoll regeln kann, darüber gibt es derzeit noch keine einheitliche Meinung. Immerhin wird auf dem Feld geforscht. Und bei neuen Anlagen wird von den Behörden der aktuelle Stand der Erkenntnisse eingearbeitet.

Allerdings gibt es keine Ausrede dafür, dass viele Aufstiegsanlagen selbst nach Meinung des Umweltministeriums völlig veraltet oder nicht mehr funktionsfähig sind. Wo immer möglich, muss man deshalb dringend investieren, um die Lage zumindest zu verbessern. Dass Staustufen und Wasserkraftanlagen der Grund dafür sind, dass diverse Fischarten im Neckar nicht mehr vorkommen oder immer weiter zurückgedrängt werden, ist schlicht ein schlechter Öko-Witz.

juergen.bock@stuttgarter-nachrichten.de