Für die Zukunft des ehemaligen Südrad-Werkes in Ebersbach sieht es mehr als durchwachsen aus. Foto: Horst Rudel

Das Werk in Ebersbach soll Mitte 2020 geschlossen werden. Rund 300 Beschäftigte sind betroffen.

Ebersbach - Am Mittwoch beteiligten sich rund 500 Menschen an einer Kundgebung der IG Metall vor den Werkstoren des Felgenherstellers Accuride in Ebersbach. Neben den Mitarbeitern von Accuride sind laut der IG Metall mehrere hundert Beschäftigte in den Firmen Schweizer Group, Rüster, Saxonia Göppingen und Schuler derzeit im Kreis Göppingen vom Verlust ihrer Stelle bedroht.

Bei Accuride in Ebersbach sollen rund 300 Angestellte ihren Arbeitsplatz verlieren. Der Besitzer der einstigen Firma Südrad, der US-amerikanische Automobilzulieferer Accuride, hat angekündigt, das Werk bis Mitte 2020 schließen zu wollen. Als Gründe nannte der für Europa und Asien verantwortliche Scott Hazlett, dass das Werk in Ebersbach zu teuer sei und die weltweite Nachfrage nach den dort produzierten Stahlfelgen sinke. Nachfragen zu Umsatz, Gewinn- und Verlustzahlen oder Strategien, den drohenden Niedergang in Ebersbach aufzuhalten, hat das Unternehmen nicht beantwortet.

Die Ankündigung der Werkschließung erfolgte nur kurz nach der Übernahme der Firma Südrad durch Accuride im vergangenen Jahr. Der US-Automobilzulieferer kaufte die deutsche Unternehmensgruppe Mefro Wheels, zu der der Ebersbacher Felgenhersteller gehört. Die zunehmend gefragten Alufelgen werden in Ebersbach nicht hergestellt. Ein Umbau der Produktion wäre nur schwer möglich gewesen, weil Alufelgen völlig anders als Stahlräder hergestellt werden und für eine Fertigung von Alurädern Investitionen in Millionenhöhe in das r Werk nötig gewesen wären.

Der Betriebsratsvorsitzende Jens Zemihn erklärt, die Beschäftigten habe die Ankündigung der Schließung „wie ein Keulenschlag“ getroffen. Wobei er einräumt, dass die wirtschaftlichen Probleme schon länger ein Thema gewesen seien. Seit vier bis fünf Jahren habe immer wieder die Insolvenz gedroht. Dies habe wohl auch dazu beigetragen, dass Accuride bei der Vergabe von Aufträgen zuletzt oft das Nachsehen gegenüber der Konkurrenz gehabt habe.

Dass auch die Geschäftsleitung kaum noch eine Zukunft für das Unternehmen sah, vermutete der Betriebsratsvorsitzende seit geraumer Zeit. Vorschläge zur Erweiterung der Produktpalette und zur Verbesserung der Prozesse in dem Betrieb hätten weder der frühere Eigentümer, der Familie Fischbacher, noch der jetzige Besitzer, die Firma Accuride mit dem Investor Crest View im Rücken, aufgenommen, sagt Zemihn. „Daran konnte man schon sehen, dass das Unternehmen kein Interesse mehr an uns hatten.“ Statt das der Standort verbessern worden sei, seien Vorhaben umgesetzt worden, bei denen die „Häuptlinge“ Geld verschwendet hätte – und die „Indianer“ Substanz schwinden sahen. Dabei habe die Firma einst mit einem Eigenkapital von 67 Prozent gut dagestanden.

Dass Accuride das Ebersbacher Werk nur gekauft hat, um es zu schließen, vermutet der SPD-Landtagsabgeordnete Peter Hofelich: „Südrad wurde gekauft, um Kapazität aus dem Markt zu nehmen.“

Mit der bevorstehenden Schließung möchte sich die IG Metall nicht ohne Weiteres abfinden. Die Übernahme der Firma Südrad durch Accuride sei im erst im Sommer, also gerade einmal vor rund einem halben Jahr, von einer großen Show begleitet gewesen, erinnert sich der Gewerkschaftssekretär Manuel Schäfer. Die Geschäftsführer hätten damals angekündigt, Marktführer werden zu wollen. Das habe den Mitarbeitern Hoffnung gegeben. Anschließend sei aber nichts passiert. Und weitere Aufträge seien ausgeblieben.

„Das hat den Leuten dann Sorgen gemacht“, beschreibt Schäfer die Entwicklung in den vergangenen Monaten. Die neuen Pläne sähen nun vor, bis zum Jahresende weiter zu produzieren. Vom neuen Jahr an solle dann bis zur geplanten Schließung im folgenden sommer nur noch aufgeräumt werden, erläutert Schäfer den Plan der Unternehmensführung. Ob es tatsächlich so komme, sei noch nicht sicher. „Es ist noch nicht durch“, sagt Schäfer. In den kommenden Wochen würden Alternativen erarbeitet. Allerdings seien Chancen, dass das Werk weiter betrieben werde, gering. „Der Markt ist problematisch“, das ist dem Gewerkschaftssekretär bewusst.

Für die Mitarbeiter, von denen viele älter als 50 Jahre sind, wäre es bei einer Schließung wichtig, dass sie eine gute Abfindung bekämen oder irgendwie vernünftig in die Rente gelangten, betont der Betriebsratsvorsitzende Zemihn. „Vielleicht können wir noch etwas am Zeitfaktor verändern“, so seine Hoffnung. Er sei derzeit dabei, einen Stab aus Wirtschaftsberatern und Rechtsanwälten aufzubauen, um weitere Möglichkeiten auszuloten, bevor am 30. Januar bei einem Treffen mit der Geschäftsleitung über den weiteren Fahrplan gesprochen werde.

Am Tag des Treffens möchten auch Gewerkschaftsvertreter die Angestellten weitergehend informieren. Viele der älteren Kollegen seien seit 40 oder mehr Jahren in dem Unternehmen beschäftigt. Und gerade diese Mitarbeiter hätten oft keine Ausbildung, sondern seien einst als ungelernte Arbeitskräfte in das Berufsleben eingestiegen und hätten sich dann an ihrem Arbeitsplatz weitergebildet. Für solche Mitarbeiter, sagt der Betriebsratschef Zemihn weiter, wäre es besonders schwer, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.