Das Bundesverfassungsgericht hat eine Überarbeitung der Besteuerung von Firmenerben angeordnet. Foto: dpa

Das Interview der Stuttgarter Nachrichten mit dem Vizepräsidenten des Bundesfinanzhofes (BFH), Hermann-Ulrich Viskorf, zur Besteuerung von Firmenerben hat heftige Reaktionen ausgelöst.

Berlin - Mario Ohoven, Chef des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft BVMV, greift Viskorf frontal an: „Die Äußerungen des BFH-Vizepräsidenten zeugen von bedenklicher Praxisferne.“ Ohoven spricht Viskorf – Vorsitzender Richter am höchsten deutschen Gericht für Steuer- und Zollsachen – indirekt ab, sich bei dem Thema auszukennen.

Ohoven wörtlich: „Wer sich als vermeintlicher Experte zur Reform der Erbschaftsteuer äußere, solle die tatsächliche Lage im unternehmerischen Mittelstand kennen.“ Ohoven kritisiert auch die Pläne von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU): „Würden die Vorschläge umgesetzt, ginge die Belastung aus der Erbschaftsteuer für viele Mittelständler noch über die Vorgaben der Karlsruher Richter hinaus.“ Sein Verband fordert die Abschaffung der Erbschaftsteuer.

Viskorf, der als Vorsitzender Richter am BFH wegen der Erbschaftsteuer das Bundesverfassungsgericht angerufen hatte, hatte in dem Interview unter anderem bemängelt, dass es seit über 30 Jahren bei der Erbschafsteuer einen „verfassungswidrigen Zustand“ gebe, der „unerträglich“ sei und wodurch der Gesetzgeber „das Vertrauen in den Rechtsstaat“ verspiele. Zudem stellte er fest, dass es keine andere Steuerart gebe, „bei der Gesetzgeber dem Einfluss und dem Druck der Interessenverbände so sehr ausgesetzt ist“.

Viskorf hält „es nicht nur für vertretbar, sondern für erforderlich“, dass Erben sehr großer Firmenvermögen für die Begleichung der Erbschaftsteuerschuld ihr Privatvermögen anzapfen sollen, wie das Finanzministerium vorschlägt. Dagegen wendet sich Rainer Kirchdörfer von der Stiftung Familienunternehmen: „Die vom Bundesfinanzminister angedachte Berücksichtigung des vorhandenen Privatvermögens kommt einer Wiedereinführung der Vermögensteuer durch die Hintertür nahe.“

Viskorf hatte zudem die Schäuble-Ankündigung begrüßt, wonach künftig ab einem zu vererbenden Unternehmensanteil im Wert von 20 Millionen Euro steuerliche Privilegien im Einzelfall geprüft werden sollen. Dazu sagt Kirchdörfer: Die Schwelle von 20 Millionen Euro sei „ohne Rücksicht auf die ökonomische Realität der Familienunternehmen“ ein gezogen worden.

Auch in der Bundestagsfraktion der Union regt sich Widerstand. Am Dienstag hatte Schäuble seine Eckpunkte dort vorgestellt. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt meldete anschließend in allen Punkten „noch erheblichen Gesprächsbedarf“ an. Fraktionschef Volker Kauder dagegen sprach lediglich von „nötigen kleinen Korrekturen“ und warnte davor, „riskante Manöver“ zu machen. Die SPD-Bundestagsfraktion steht dagegen weitgehend hinter den Plänen Schäubles. Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid sieht hingegen auch noch Korrekturbedarf.