Die Geschäfte im baden-württembergischen Maschinenbau laufen auf Hochtouren, doch beim Blick in die Zukunft macht sich zunehmend Skepsis breit. Foto: Wittenstein/Joachim Schmeisser

Der baden-württembergische Maschinenbau boomt, doch die Sorge vor Protektionismus treibt die Branche um. Warum die Betriebe trotzdem weitere Jobs schaffen, zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage.

Stuttgart - Der Maschinenbau im Land läuft auf Hochtouren und rechnet in diesem Jahr mit einem Rekordumsatz von fast 88 Milliarden Euro, was einem realen Umsatzplus von knapp fünf Prozent entspricht. Wie lange die Hochstimmung anhält, ist ungewiss. „Bedingt durch politische Unsicherheiten sehen wir uns vor Herausforderungen“, sagt der Vorsitzende des VDMA Baden-Württemberg, Mathias Kammüller. 

Schwieriges Umfeld

Das Umfeld sei mehr und mehr durch Unsicherheit geprägt. Dazu zählt etwa US-Präsident Trumps Handelspolitik, aber auch der Brexit. Es sei daher umso wichtiger, dass Deutschland in und mit Europa gemeinsam die Kraft aufbringe, die drängenden Probleme zu klären und gemeinsame Handlungsstärke zu zeigen. „Stattdessen war die politische Lage in Brüssel und Berlin selten so angespannt wie in den letzten Wochen“, sagt Kammüller auch mit einem Seitenhieb auf den öffentlich ausgetragenen Asylstreit im Bund.

Volle Auftragsbücher

Derzeit können sich die Maschinenbauer im Land über volle Auftragsbücher und steigende Umsätze freuen, wie die Konjunkturumfrage bei 224 Unternehmen im Land mit insgesamt 158 000 Mitarbeitern ergeben hat. In den ersten fünf Monaten 2018 haben die Auftragseingänge um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr zugelegt, wobei die wesentlichen Impulse aus dem Inland kamen. 77 Prozent der befragten Unternehmen sprechen von einer sehr guten oder guten Auftragslage, für die zweite Jahreshälfte sind sie etwas vorsichtiger.

Auf dem Weg zum Rekordumsatz

Für dieses Jahr gehen 85 Prozent der Unternehmen von einem Umsatzanstieg aus, so dass es auf einen Rekordumsatz hinausläuft. Für 2019 sind die Unternehmen aber nicht mehr ganz so zuversichtlich und rechnen im Schnitt mit einem Umsatzzuwachs von zwei Prozent. Einerseits hänge das mit den politischen Unsicherheiten zusammen, andererseits mit dem starken Wachstum der Vorjahre. „Da gibt es schon die Erwartung, dass das irgendwann auch ein Ende haben wird“, sagt VDMA-Geschäftsführer Dietrich Birk. 18 Prozent der Firmen halten sogar einen Umsatzrückgang für wahrscheinlich. Trotz der Abkühlung bewege sich die Branche aber weiter auf hohem Niveau. „Die Kapazitätsauslastung von knapp 90 Prozent sowie Materialengpässe führen sogar dazu, dass Betriebe Aufträge in das nächste Jahr verlagern müssen“, sagt Kammüller. Die Ertragssituation hat sich 2018 weiter verbessert. Laut Umfrage liegt die Eigenkapitalquote im Schnitt bei über 40 Prozent.

Weiterer Jobaufbau

Mit mehr als 318 000 Mitarbeitern ist der Maschinen- und Anlagenbau die beschäftigungsstärkste Industriebranche in Baden-Württemberg. Im vergangenen Jahr wurden fast 10 000 Jobs geschaffen, was einem Zuwachs von 3,2 Prozent entspricht. Der Personalaufbau geht 2018 weiter. Fast 40 Prozent der befragten Betriebe haben offene Stellen für Facharbeiter und 38 Prozent für Ingenieure. Bei den an der Umfrage beteiligten Unternehmen gebe es beinahe 3000 offene Stellen, so Kammüller. Für viele werde der Fachkräftemangel zum Wachstumshindernis.

Florierender Export

2017 haben die Südwest-Maschinenbauer Waren im Wert von 41,3 Milliarden Euro exportiert (plus acht Prozent), damit liegt die Exportquote bei gut 67 Prozent. Für 2018 Jahr erwarten die Betriebe ein Exportwachstum von sechs Prozent. Positiv beurteilen die Unternehmen den Euroraum und die EU-Staaten, China und die USA. 2017 exportierte der badenwürttembergische Maschinenbau Waren für 4,5 Milliarden Euro in die Volksrepublik, das entspricht einem Plus von 23,5 Prozent. Größter Einzelmarkt sind die USA. Das Ausfuhrvolumen stieg 2017 um neun Prozent auf knapp fünf Milliarden Euro, in den ersten drei Monaten 2018 stieg es nochmals um 14 Prozent. „Ohne Zweifel hat Präsident Trumps Steuerreform neue Impulse für Investitionen und Konsum freigesetzt“, sagte Kammüller. Die Kehrseite seiner Politik sei die Forderung nach revidierten Handelsbeziehungen und der Trend zu mehr Protektionismus.

Negativ indessen fallen die Geschäftserwartungen für Brasilien, Russland und Großbritannien aus. Kernfrage sei, wie hart der Brexit den Maschinenbau treffe, so der VDMA-Vorsitzende. Für 2018 rechnet der Verband mit einem Lieferrückgang ausgelöst durch die allgemeine Unsicherheit und den Kursverfall des Pfund. Im Iran-Geschäft sorgen befürchtete US-amerikanische Sanktionen inzwischen für eine Zurückhaltung des Maschinenbaus.

Appelle an die Politik

Bürokratie
Der Wunsch, bürokratische Hürden abzubauen, steht bei den Maschinenbauern an erster Stelle. Die Branche kämpft mit den zuletzt extrem verschärften Meldepflichten bei der Entsendung von Mitarbeitern innerhalb der EU. Beinahe jeder Verkauf einer Maschine oder Anlage sei mit Montage, Inbetriebnahme oder Wartung verbunden. Die Meldepflichten müssten vereinfacht und vereinheitlicht werden, fordert Mathias Kammüller, Vorsitzender des VDMA im Land.

Außenwirtschaft Die Maschinenbauer sorgen sich, dass Protektionisten und Nationalisten den freien Welthandel beschädigen und womöglich das Geschäftsmodell der stark auf Export ausgerichteten Branche bedrohen – mit Blick in die USA, aber auch nach China. Die Politik müsse mit mehr Nachdruck auf ein EU-China-Investitionsabkommen dringen, mit Beseitigung bestehender Ungleichgewichte beim Marktzugang.

Breitbandausbau
Ländliche Gebiete, wo viele Mittelständler und Weltmarktführer sitzen, dürften hier nicht abgehängt werden.