Oliver Buck bietet in Kernen elektrisch angetriebene Roller und Fahrräder in verschiedenen Modellen und Größen an Foto: Frank Eppler

Den Spaß an Fahrten mit elektrobetriebenem Zweirad zur Arbeitsstätte nach Stuttgart hat Oliver Buck aufgeben müssen. Der 35-Jährige hat aus seinen Pendler-Erfahrungen eine Geschäftsidee entwickelt, den Job gekündigt – und eine eigene Firma gegründet.

Genau genommen hat alles mit persönlichem Ärger beim Pendeln begonnen. Egal, wie er seine Strecke von daheim in Weinstadt-Großheppach zu seiner damaligen Arbeitsstätte nach Stuttgart zurückgelegt habe, fast immer sei er genervt gewesen, sagt Oliver Buck: „Mit der S-Bahn haben mich die ständigen Ausfälle und Verspätungen in den Wahnsinn getrieben, mit dem Auto der Fellbacher Kappelbergtunnel. Irgendwas war immer.“

 

Um sicher zu gehen, dass er bei seinem Job in einer Personalvermittlung in Bad Cannstatt nicht zu spät kommen würde, habe er einen erheblichen Zeitpuffer einbauen müssen – für eine vergleichsweise kurze Strecke. Und weil pünktlich, aber verschwitzt auf dem Fahrrad anzukommen, auch nicht sein Ding für jeden Tag gewesen sei, habe er sich Gedanken gemacht, wie es entspannter gelingen könnte, an dem täglichen Pendlerstau vorbeizukommen.

Die Lösung kommt zunächst aus China

Die Lösung fand er zunächst in China. Dort stieß der 35-Jährige übers Internet bei dem Hersteller eines elektrisch betriebenen Zweirads nicht nur auf eine deutlich bequemere Alternative zum Drahtesel, sondern auch noch auf eine optisch ansprechende. Der E-Roller aus Fernost war formschön im Retro-Look einer italienischen Vespa aus den 1960er-Jahren verpackt, und das Gefährt durfte entsprechend eines 50-Kubikzentimeter-Benzin-Rollers mit dem vorhandenen Autoführerschein gefahren werden.

Das damals für ihn neue Berufspendelerlebnis beschreibt Oliver Buck mit „absolut tiefenentspannt“. Nicht nur, weil die Strecke jetzt zeitlich kalkulierbar geworden war, sondern auch, weil er eigenlärmfrei die Natur genießen konnte, kein schlechtes Gewissen wegen Emissionen haben musste – und überdies die Unterhaltskosten „gegen Null tendiert“ hätten. Doch das warf für ihn gleich eine neue Frage auf: „Warum treffe ich auf dem Weg eigentlich niemanden, der ähnlich unterwegs ist wie ich?“

Die Konsequenz daraus wiederum war, dass Oliver Buck beschloss, die Marktlücke mit einer Geschäftsidee zu schließen. Er gründete im Nebenjob eine Firma, bestellte bei dem Hersteller in China einen Container mit 18 Retrorollern und verhandelte, dass er diese auch als Eigenmarke umetikettieren durfte. Die Gefährte wurden, wie die Firma, auf den Namen Savitron getauft – von Savitri, dem vedischen Gott mit solarem Charakter und Göttin des Antreibens, und tron, griechisch für Werkzeug.

Doch der Verkauf der 18 Exemplare erwies sich als äußerst schwierig. Er habe unterschätzt, dass es für sein Produkt keinerlei „Tec“ gegeben habe – also keinen Vergleichstest, kein Erklärvideo, keinerlei Kaufempfehlung oder Suchmaschinentreffer im Internet, sagt Oliver Buck. Hinzu kam, dass die Firmengründung direkt in die Anfangswirren des Coronavirus-Ausbruchs fiel. Letztlich habe er mit allerlei Sonderrabatten nachhelfen müssen.

Entweder aufgeben oder richtig einsteigen

Dennoch war er nach wie vor von seiner Geschäftsidee überzeugt und sagte sich: Entweder aufgeben oder richtig einsteigen. Der gebürtige Ravensburger, der einst zum Studieren nach Stuttgart gekommen war, entschied sich für Letzteres. Er orderte einen High-Cube-Container und ließ darin 47 Fahrzeuge packen, darunter auch Exemplare der damals in Deutschland noch so gut wie gar nicht verfügbaren 125er-Klasse.

Natürlich war auch danach noch aller Anfang schwer, doch Oliver Buck machte sich als Händler für E-Zweiräder einen Namen, sodass Kunden aus weiten Teilen Deutschlands zu seinem Lager nach Fellbach reisten, um sich dort einzudecken.

Seit Mai des vergangenen Jahres kann sich Savitron nun in einer 400 Quadratmeter großen Halle mit Werkstatt in der Kirchstraße in Stetten ausbreiten. Die Eigenmarke hat Oliver Buck aufgegeben und stattdessen immer mehr Hersteller aus Europa in sein Sortiment aufgenommen. Der Retro-Roller etwa kommt jetzt aus Freiburg.

Kleiner Boom wegen hoher Spritpreise

Einen kleinen Boom habe das Geschäft sicherlich auch durch den enormen Anstieg der Spritpreise bekommen, sagt Oliver Buck. Denn wenn man die laufenden Kosten eines E-Zweirads mit spitzem Bleistift durchrechne, relativiere sich der durch den Akku bedingte vergleichsweise hohe Anschaffungspreis schnell, sagt er.

Die Kunden seien zu einem Gutteil bewusste Menschen, denen der ökologische Aspekt wichtig sei, schildert der Händler. Aber mehr und mehr kämen auch Spaßfahrer dazu, darunter eingefleischte Motorradfahrer, die Beschleunigung und Drehmoment des Elektroantriebs für sich entdeckten. Man könne es durchaus krachen lassen, sportlich fahren – und müsse kein schlechtes Gewissen haben, wenn man den Gasgriff aufdreht, der gar kein Gasgriff ist, sagt Buck.

Motorrad und Motocross-Maschinen

Zu seinen jüngsten Errungenschaften zählen ein wie ein „richtiges“ Motorrad anmutendes Modell des schwedischen Herstellers RGNT sowie mehrere Motocross-Maschinen, darunter auch ein Junior-Modell, bei dem man per Handy-App die gewünschte Leistung zuteilen kann.

Oliver Buck ist ein Autodidakt, doch nicht nur bei Beratung und Reparatur kommen ihm die fünf Semester Maschinenbau zugute, die er vor seiner Personalwirtschaftskarriere absolviert hat. Auch sein Nebengeschäft, das er mit „Energy-Solutions“ rund um Photovoltaik und Ladeinfrastruktur beschreibt, baut auf das Grundverständnis und Interesse für erneuerbare Energieerzeugung. Und natürlich werden auch die Vorführmodelle von Savitron in seinem Geschäft in Kernens Ortsteil Stetten mit selbst erzeugter Energie vom Dach gespeist.

Die Firma Savitron aus Kernen

Firma
Oliver Bucks Firma Savitron bietet in Kernen E-Roller, E-Bikes und E-Motorräder unterschiedlicher Hersteller an. Darüber hinaus realisiert sie zusammen mit Partnern Lade- und Photovoltaik-Lösungen.

Kontakt
 Das Geschäft in der Kirchstraße 30 in Kernen-Stetten, Telefonnummer 0 71 51/2 79 11 50, ist dienstags bis freitags von 10 bis 18.30 Uhr und samstags von 9.30 bis 13 Uhr geöffnet.

Weitere Information: www.savitron.de