Die Blockchain-Technologie, auf der die Tokens basieren, erfordert viel Rechnerleistung. Foto: AFP

Das Berliner Start-up Bitbond will mit der Ausgabe virtueller Wertmarken, genannt Tokens, Geld von Investoren einsammeln. Das haben auch schon andere Start-ups getan – neu ist aber, dass es mit Billigung der Finanzaufsicht geschieht.

Frankfurt - Das Berliner Start-up Bitbond vermittelt über die gleichnamige Online-Plattform Kredite an kleine und mittlere Unternehmen. Nun braucht Bitbond selbst Wachstumskapital – und schreibt mit seinem Aufruf an potenzielle Geldgeber ein Stück Finanzgeschichte: Statt herkömmlicher Schuldverschreibungen sollen sie für ihre Investition Krypto-Tokens erhalten. Das sind virtuelle Wertmarken, die auf dem Computer gespeichert werden. Die Ausgabe solcher Tokens zur Unternehmensfinanzierung ist bemerkenswert, aber nicht neu – weltweit haben auf diese Art schon tausende Start-ups Geld eingesammelt. Das Besondere am Fall Bitbond: Die am Montag beginnende Token-Ausgabe wurde von der Finanzaufsicht Bafin gebilligt. Eine Premiere.

Die Bafin-Entscheidung, das muss man betonen, ist keine Verkaufsempfehlung. Sie bedeutet auch nicht, dass die Finanzaufsicht die Krypto-Tokens für sicher hält. Die Bafin hat in der Vergangenheit ausdrücklich davor gewarnt, dass es sich bei virtuellen Münzen (Coins) oder eben Wertmarken (Tokens) um „höchst spekulative Investments“ handelt. Dass die Behörde dennoch den für die Finanzierungsrunde von Bitbond erstellten Wertpapierprospekt billigte, bedeutet lediglich: Sie betrachtet diesen Prospekt als vollständig, verständlich und in sich schlüssig.

In früheren Fällen gab es gar keinen Prospekt

Gleichwohl ist es ein Meilenstein, dass Bitbond überhaupt einen Wertpapierprospekt erstellt und bei der Bafin eingereicht hat. Bei den bisherigen Finanzierungen mithilfe von Krypto-Tokens wurden Anleger in der Regel nur in Form eines sogenannten „Whitepaper“ informiert, das auf der Website des jeweiligen Unternehmens veröffentlicht wurde.Überdies verspricht Bitbond seinen potenziellen Geldgebern regelmäßige Zinszahlungen sowie – nach zehn Jahren – eine Rückzahlung der anfänglich geliehenen Summe. Die Tokens werden zum Stückpreis von einem Euro ausgegeben. Wer gleich zu Beginn der Zeichnungsfrist zugreift, erhält einen Rabatt, soll 2029 aber trotzdem den vollen Preis von einem Euro je Token ausbezahlt bekommen. Das Unternehmen behält sich allerdings eine Rückzahlung zu einem früheren Zeitpunkt vor – in dem Fall erhielten die Investoren die versprochenen Zinsen keine zehn Jahre lang, sondern für einen kürzeren Zeitraum.

Die Bitbond-Tokens funktionieren also wie Schuldverschreibungen, das Unternehmen bezeichnet ihre Ausgabe daher als „Security Token Offering“ (STO). Das Wort „Security“ wird im Englischen für Wertpapiere verwendet. Mit dieser Bezeichnung setzt sich Bitbond von der bislang gängigsten Form der Token-Ausgabe, dem „Initial Coin Offering“ oder ICO, ab.

Täuschende Ähnlichkeit

Das Kürzel ICO ist sprachlich an IPO angelehnt, das englische Akronym für einen Börsengang (Initial Public Offering). Tatsächlich hat ein ICO mit einem Börsengang aber wenig zu tun: Die ausgegebenen Coins können nicht an einer regulierten Börse gehandelt werden, weshalb sie auch ohne Erfüllung der dort üblichen Zugangsvoraussetzungen vertrieben werden können.

Obendrein handelt es sich bei vielen der in den vergangenen Jahren in Umlauf gebrachten Coins nicht um Anteilsscheine an einem Unternehmen, wie es Aktien sind. Vielmehr wurde den Investoren, die Geld in ICOs steckten, oft lediglich ein Anspruch auf Nutzung von Dienstleistungen der jeweiligen Firma oder eine Beteiligung an späteren Gewinnen in Aussicht gestellt.

Bitbond verbindet sein STO mit vergleichsweise konkreten Zusagen, wobei deren Erfüllung natürlich wie bei jedem jungen Unternehmen – die Berliner Firma besteht seit sechs Jahren – mit erheblichen Risiken behaftet ist. Dass das Unternehmen anstelle normaler Schuldverschreibungen virtuelle Tokens ausgibt, hat einen einfachen Grund: Es kommt auf diese Weise ohne Unterstützung einer Bank aus, was Gebühren spart. Die Tokens sollen mithilfe der Blockchain-Technologie – eine sicheres Internet-Transaktionssystem – direkt in elektronische Geldbörsen auf den Rechnern oder Smartphones der Anleger gepackt werden. Das klingt nach Finanz-Alchemie, aber: Dass Schuldschein-Transaktionen auf Blockchain-Basis prinzipiell funktionieren, ist unstrittig. Die LBBW etwa hat dies schon 2017 erfolgreich getestet.

Bitbond nutzt die Blockchain auch fürs laufende Geschäft

Bitbond-Gründer Radoslav Albrecht hat sein Geschäftsmodell auf der Blockchain-Technologie aufgebaut. Das Unternehmen nutzt sie für die Auszahlung der Kredite an seine Kunden, von denen viele in anderen Ländern Europas oder in Afrika sitzen. Überweisungen, speziell in Länder außerhalb des Euro-Raums, lassen sich damit teils schneller und günstiger abwickeln als über Banken. Dazu müssen aber Krypto-Währungen eingesetzt werden. Daher ist die Nutzung der Blockchain als Zahlungsnetzwerk für Normalverbraucher schwierig.