Fundort Möhringer Straße: Nun ist klar, von wem die weggeworfenen Fingerteile stammen Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Das Geheimnis um die Fingerteile, die am Mittwoch im Stuttgarter Süden in einem Pflanzentrog in einer Plastiktüte gefunden worden waren, ist gelüftet. Es handelt sich um den rechten Ringfinger eines 30-Jährigen, der sich vor zwei Wochen nach einem versuchten Einbruch auf der Flucht verletzt hatte.

Stuttgart - Das Geheimnis um die Fingerteile, die am Mittwoch im Stuttgarter Süden in einem Pflanzentrog in einer Plastiktüte gefunden worden waren, ist gelüftet. Es handelt sich um den rechten Ringfinger eines 30-Jährigen, der sich vor zwei Wochen nach einem versuchten Einbruch auf der Flucht verletzt hatte. Über die Motive seiner Fingerentsorgung ist jedoch nichts bekannt.

Spezialisten des Landeskriminalamts (LKA) konnten aus den Fragmenten ein Muster eines Fingerabdrucks rekonstruieren – und über die Datenbank des Automatisierten Fingerabdruck-Identifizierungssystems (Afis) einem 30-Jährigen zuordnen. Dieser ist bereits wegen Straftaten polizeibekannt. „Wir wissen aber nicht, wo sich der Betroffene aufhält“, sagt Polizeisprecher Thomas Geiger.

Die Vorgeschichte: Am 17. Juli, einem Freitag, bemerken Anwohner der Breitschwertstraße in Mühlhausen frühmorgens gegen 2.30 Uhr verdächtige Geräusche an einem Wohnhaus. Der Stadtteil ist in Sachen Wohnungseinbruch bisher ein eher ruhiges Pflaster, selbst im vergangenen Jahr gab es lediglich 18 Fälle. In jener Nacht aber war da eine dunkle Gestalt, die sich an einem Fenstersims hochzuziehen versuchte.

Als die alarmierte Polizei im Wohngebiet eintraf, flüchtete der Verdächtige Hals über Kopf. Er rannte in Richtung Aldinger Straße davon, versuchte dort über einen Zaun zu klettern. Dabei blieb er mit dem rechten Ringfinger hängen und riss sich Teile davon ab. Die Polizisten nahmen den Verletzten fest und brachten ihn in ein Krankenhaus.

Amputierten Finger achtlos weggeworfen

Für den Fall zuständig war dabei das Marienhospital im Stuttgarter Süden. Der 30-Jährige wurde dort in der Notaufnahme ärztlich versorgt – allerdings war eine Operation aussichtslos. Die Ärzte erklärten, dass man den Finger angesichts der Art der Verletzung nicht mehr annähen könne.

Die Polizeibeamten fertigten eine Anzeige wegen versuchten Einbruchs. Allerdings reichte die Schwere der Vorwürfe nicht aus, dass die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl beantragt hätte. Zu einem sogenannten schweren Diebstahl war es noch gar nicht gekommen, Beute wurde keine gemacht.

Freilich war der 30-Jährige wegen kleinerer Eigentumsdelikte bereits polizeibekannt. In Deutschland hat er keinen festen Wohnsitz gemeldet. Ob der 30-Jährige auch der ist, für den er sich ausgibt, ist ebenfalls nicht vollständig gesichert. Bei den Behörden ist der aus dem nordafrikanischen Raum stammende Mann jedenfalls unter mehr als nur einer Identität bekannt. Er wurde in jener Nacht nach der Behandlung im Marienhospital entlassen. Warum er seinen amputierten Finger in einer Plastiktüte aus dem Krankenhaus mitnahm und dann nach 450 Meter Fußweg Richtung Marienplatz in der Möhringer Straße in einem Pflanzentrog entsorgte – das bleibt allerdings ein Rätsel. Befragt werden kann der 30-Jährige nicht, sein Aufenthaltsort ist unbekannt.

Freilich: Das ist für die Polizei, die extra eine Ermittlungsgruppe gegründet hatte, auch nicht mehr relevant. Das Wegwerfen von Körperteilen ist keine Straftat – höchstens eine Ordnungswidrigkeit. Denn Körperteile sind wie Organe, Blut oder Blutprodukte Abfälle im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Und dürfen nicht achtlos in der Landschaft entsorgt werden. Dabei fallen in Deutschland reichlich menschliche Körperteile zur Entsorgung an – jährlich etwa 2900 Tonnen. 2500 Tonnen davon landen in Abfallentsorgungsanlagen – und zum Glück nur ganz wenig in Pflanzentrögen.