Das Kindergeld wird 2015 und 2016 leicht angehoben. Foto: dpa

Die Koalition ist verfassungsrechtlich gezwungen, das Existenzminimum steuerfrei zu stellen. Höhere Freibeträge sollen vom Bundestag beschlossen werden.

Berlin - Die gute Nachricht zuerst: Die Steuerlast sinkt – ein wenig. Die Koalition erhöht nämlich ein bisschen das Kindergeld, den Kinderfreibetrag und den steuerlichen Grundfreibetrag und zwar in 2015 und noch einmal in 2016. Auch die heimlichen Steuererhöhungen der letzten Jahre – wegen des progressiven Tarifverlaufs steigt schon bei geringen Lohnerhöhungen die Steuerlast überproportional – werden zumindest zum Teil eingedämmt.

Auch der Kinderzuschlag für Geringverdiener und der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende steigen leicht. Im Portemonnaie dürften die Bürger all die Maßnahmen allerdings kaum spüren. Unter dem Strich geht es um einige Euros im Monat.

Für Familien wäre noch mehr drin gewesen

Nun die schlechte Nachricht: Zumindest für Familien hätte noch mehr Geld drin gesessen. Die Koalition hat sich nämlich dagegen entschieden, den steuerlich wirksamen Kinderfreibetrag rückwirkend schon ab 2014 anzupassen. Damit begibt sie sich verfassungsrechtlich aber auf schwieriges Terrain: Der Kinderfreibetrag hätte eigentlich schon 2014 im Jahr angehoben werden müssen. Dies ergab sich schon aus dem Existenzminimumbericht von 2012, den das Bundesfinanzministerium regelmäßig vorlegen muss. Hintergrund ist: Das Grundgesetz verbietet es, dass der Staat Steuern auf das Einkommen erhebt, das Bürger zum Bestreiten ihrer Existenz benötigen.

Und genau in diese Kerbe haut die Opposition: Wenn heute der Bundestag über das Mini-Steuer und Kindergeld-Paket endgültig entscheidet, fordern die Grünen die Abgeordneten auf, ihrem Gesetzentwurf das „Ja“ zu geben. Und der sieht höhere Kinderfreibeträge und höheres Kindergeld rückwirkend schon ab 2014 vor.

Lisa Paus, Steuerexpertin der Grünen, sagte im Gespräch mit unserer Zeitung: „Das Gesetzespaket ist zu wenig für die Familien und ein bewusster Verfassungsbruch.“ Beobachter bescheinigen Eltern gute Chancen, wenn sie wegen des vorenthaltenen höheren Kinderfreibetrags in 2014 vor das Bundesverfassungsgericht ziehen würden.

Entlastungspaket von insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro

Unionsfraktionsvize Ralph Brinkhaus winkt ab. Im Gespräch mit den Stuttgarter Nachrichten sagte er: „Die Bundesregierung hat das Gesetzespaket verfassungsrechtlich geprüft.“ Im Übrigen, so der Abgeordnete weiter, solle man auch einmal in der Gesamtschau sehen: „Wir bringen gerade ein Entlastungspaket von insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro für 2015 und 2016 auf den Weg.“

Laut Existenzminimumbericht hätte der Kinderfreibetrag schon 2014 um 72 Euro auf 4440 Euro steigen müssen. Dies entspräche einem Zuschlag beim Kindergeld um knapp zwei Euro. Beide Maßnahmen rückwirkend für 2014 würden den Staat etwa 440 Millionen Euro kosten.

Grundsätzlich gilt: Zunächst einmal bekommen alle Eltern Kindergeld. Besser verdienende Eltern – die Schwelle liegt bei einem zu versteuernden Einkommen von rund 60 000 Euro im Jahr – stellen sich mit dem Kinderfreibetrag aber besser. Das heißt: Über den Freibetrag sparen sie mehr Steuern als das Kindergeld ausmacht. Allerdings muss sich kein Steuerpflichtiger um dieses Thema aktiv kümmern: Das Finanzamt führt im Zuge der Erstellung des Steuerbescheides eine so genannte Günstigerprüfung durch. Es ermittelt also, ob der Steuerpflichtige mit dem Kinderfreibetrag besser fährt oder mit dem Kindergeld und wendet automatisch das günstigere Verfahren an.

Der Grundfreibetrag steigt 2015 von 8 354 auf 8472 Euro und 2016 auf 8 652 Euro. Der Kinderfreibetrag wird 2015 von 4368 Euro auf 4512 Euro und für 2016 auf 4608 Euro erhöht. Auch das monatlich gezahlte Kindergeld steigt rückwirkend ab Januar um 4 Euro und ab 2016 um weitere zwei Euro je Kind. 2016 steigt der Kinderzuschlag für Geringverdiener um 20 Euro auf 160 Euro. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende steigt ab 2015 um 600 auf 1908 Euro.