Der Haushalt für 2012 ist beschlossen. Zu Einsparungen wird es noch eine Sondersitzung Foto: Norbert J. Leven

Der Haushalt der Stadt Leinfelden-Echterdingen ist unter Dach und Fach. Über einzelne Posten auf einer Sparliste wird in einer Sondersitzung abgestimmt.

Leinfelden-Echterdingen - Das erste Viertel des Jahres 2012 ist am Samstag bereits Geschichte. Seit diesem Dienstag ist nun auch der Stadthaushalt für 2012 unter Dach und Fach. Bei einer Gegenstimme von Stadtrat Klaus Machanek (CDU) und vier Stimmenthaltungen (FDP/LE-Bürger) hat der Gemeinderat den 111,6 Millionen Euro schweren Etat verabschiedet.

Manchem Stadtrat fiel, wie sich in der vorausgegangenen 90 Minuten dauernden Debatte herausstellte, die Zustimmung „mit Bauchschmerzen“, „mit Kopfweh“ oder mit „Zähneknirschen“ hörbar schwer. Auf den ersten Blick macht das 710 Seiten dicke Werk, in dem vorgesehene Einnahmen und Ausgaben erfasst sind, einen soliden Eindruck. Die mittelfristige Planung legt jedoch offen, dass schon in zwei Jahren die Einnahmen nicht ausreichen werden, um die laufenden Kosten zu decken. Zum Ausgleich müssen dann die Rücklagen angegriffen werden, was den Spielraum bei notwendigen Investitionen weiter einengt.

Alle wollen gegensteuern

Gegensteuern wollen alle Fraktionen im Gemeinderat. Freie Wähler, CDU, Grüne, SPD und die FDP/LE-Bürger halten Veränderungen bei den Strukturen für erforderlich, um eine Gesundung der Finanzen herbeizuführen. Die Vorstellungen über die Ansatzpunkte liegen dabei jedoch weit auseinander.

FW und CDU haben beispielsweise durchgesetzt, dass die Verwaltung nicht nur – wie von ihr angeboten – 900 000 Euro aus dem aktuellen Etat streicht, sondern eine Liste mit weiteren 900 000 Euro Ausgaben vorgelegt hat, die entbehrlich erscheinen. Dieses Papier wurde am Dienstag jedoch nicht beschlossen. Es soll Punkt für Punkt in einer Sondersitzung abgearbeitet werden, für die es noch keinen Termin gibt. Bis dahin sind die Ausgaben gesperrt. Enthalten ist auf dieser Streichliste unter anderem der Verzicht auf die Weihnachtsbeleuchtung (wir berichteten). Die erste Hälfte der 1,8-Millionen-Kürzung erzielt die Verwaltung, indem sie größtenteils Ausgaben um ein Jahr verschiebt. Selbst aus Sicht der Antragsteller Joachim Beckmann (FW) und Harry Sandlaß (CDU) ist das „unbefriedigend“, weil es nicht einer echten Einsparung entspricht. Die SPD nennt das kurz „Bilanzkosmetik“ (Fraktionschef Erich Klauser).

„Der letzte Vorteil“

Die Grünen kritisierten den Ansatz des bürgerlichen Lagers als „populistisch“ und als „Armutszeugnis“. Sie wollten den Gewerbesteuer-Hebesatz von 380 auf 395 Punkte anheben, „weil das die Einnahmen verbessert“, wie die Fraktionschefin Ingrid Grischtschenko feststellte. Wie schon bei der Vorberatung im Ausschuss war der Antrag aber nicht mehrheitsfähig. Die Mehrheit folgte dem Argument von OB Roland Klenk, dass der aktuelle Hebesatz „der letzte Vorteil ist, den wir im Vergleich mit Umlandgemeinden noch haben“. Für die zu erzielenden 700 000 Euro, von denen nur 60 Prozent bei der Stadt verblieben, „ist mir der Preis zu hoch“.

Die SPD kritisierte, dass ständig neue Aufgaben im Bereich der Freiwilligkeitsleistungen kreiert würden, ohne dass man bereit sei, Altes über Bord zu werfen. Klausers Fazit: „Wir können so nicht weitermachen, wir müssen uns andere Methoden überlegen, den Haushalt in Griff zu bekommen.“ Einen ganz anderen Krankheitsherd hatte die Fraktionsgemeinschaft von FDP und LE-Bürgern ausgemacht: Es fehle ein Nutzungskonzept – beispielsweise für Sportstätten und öffentliche Gebäude. Man müsse jetzt „die Stadt aus einem Guss denken“, sich von dezentralen Versorgungsstrukturen verabschieden, sagte Wolfgang Haug (FDP/LE-Bürger).

Im freien Fall?

In der vor Jahren eingesetzten Strukturkommission wollen die Gemeinderatsfraktionen nun daran arbeiten, einen Konsens über strukturelle Veränderungen herbeizuführen. Zum Investitionsprogramm gibt es Anfang Mai eine Klausurtagung. An Ergebnisse mag Klaus Machanek (CDU) nicht so recht glauben: „Seit acht Jahren warte ich auf Verbesserungen. Der freie Fall ist nicht mehr aufzuhalten.“