Der neue Finanzminister Olaf Scholz wechselt die Leitungsebene komplett aus. Foto: dpa

Finanzstaatssekretär Thomas Steffen ist einer der wichtigsten Euro-Unterhändler. Er gilt in Südeuropa als Verfechter eines harten Sparkurses. Der SPD-Finanzminister Olaf Scholz holt sich neue Leute.

Berlin - Es findet sich in Berlin kein zweiter Spitzenbeamter, der in den vergangenen sechs Jahren so viele Eurogruppen-Sitzungen mitgemacht hat wie Finanzstaatssekretär Thomas Steffen. Ob Dauerkrise in Griechenland, Verhandlungen über die Bankenunion oder den Aufbau des Eurorettungschirms ESM – Steffen war der oberste Unterhändler des früheren Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU), der seit Oktober 2017 Bundestagspräsident ist. Auch dem Interims-Nachfolger Peter Altmaier (CDU) diente er treu. Während der Eurokrise hielt Steffen die Fäden in der Hand: Er arbeitete in dieser Zeit unzählige Nächte im Berliner Ministerium und in Brüssel durch. Für seinen Minister achtete Steffen penibel darauf, dass rote Linien nicht überschritten werden. Eine davon lautet: eine klare Absage an die Vergemeinschaftung von Schulden. Das frühere Direktoriumsmitglied der Finanzaufsicht Bafin war auch für die internationale Finanzpolitik zuständig und hielt die Kontakte nach Washington, Paris und London. Hinzu kam die Arbeit in G-20-Foren.

Schäuble, der mit Lob sparsam umgeht, hat über seinen Staatssekretär einmal gesagt: „Er ist nicht mit Gold aufzuwiegen.“ Steffen eilt nicht nur der Ruf voraus, ein Arbeitstier zu sein. Was er anpackt, wird schnell, effizient und lautlos umgesetzt. Der Jurist hält seine Person dabei stets im Hintergrund. Das ist eine Eigenschaft, die Minister zu schätzen wissen.

Es zeichnet sich nun ab, dass der beamtete Finanzstaatssekretär unter dem neuen Minister Olaf Scholz (SPD) nicht weitermacht. Die Vorbereitung der Ministerreise zum G-20-Finanzministertreffen nach Buenos Aires am Wochenende dürfte einer der letzten Amtshandlungen sein. Das wird zwar noch nicht offiziell bestätigt, die Hinweise sind aber eindeutig. Scholz setzt im neuen Leitungsstab des Finanzministeriums auf neue Gesichter. Er bringt Vertraute aus seiner Hamburger Regierungszeit mit: zwei seiner Hamburger Mitarbeiter sollen Staatssekretäre werden. Neue Stäbe sind geplant, die Vizekanzler Scholz zuarbeiten sollen.

Erfahrene Spitzenbeamte sind nicht leicht zu ersetzen

Wenn eine neue Regierung ins Amt kommt, ist es üblich, dass die Minister die Leitungsebene mit ihren Leuten besetzen. Gerade im Finanzministerium gibt es aber auch eine Tradition, dass erfahrene Spitzenbeamte weitermachen. So hatte einst Exfinanzminister Hans Eichel den Haushaltsstaatssekretär Manfred Overhaus von Theo Waigel übernommen. Als Schäuble 2009 Finanzminister wurde, beließ er den Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer weiter, der schon den SPD-Ressortchefs Hans Eichel und Peer Steinbrück gedient hatte. Das Signal war klar: Gerade bei den beamteten Staatssekretären haben Leistung und Loyalität Vorrang vor dem Parteibuch. Gatzer, einer der erfahrensten Staatssekretäre, hat das Finanzressort zu Jahresbeginn verlassen und wechselte zu einer Bahn-Tochter. Klar ist, dass so erfahrene Spitzenbeamte wie Gatzer und jetzt Steffen nicht so leicht zu ersetzen sind.

Dass sich Scholz für einen Wechsel entscheidet, ist sein gutes Recht. In der Unionsfraktion löst die Personalentscheidung gleichwohl Besorgnis aus. „Steffen war der Garant für eine stabilitätsorientierte Europolitik“, sagte der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach unserer Zeitung. Es passiere nun das, was viele in CDU/CSU befürchtet hatten. „Die ordnungspolitische Linie der Stabilitätspolitik wird in Frage gestellt“, meinte Michelbach. Der CSU-Mann sieht in der Personalie ein Indiz dafür, dass es mit der stabilen Finanzpolitik bald vorbei sein könnte. Ein anderer Unionsmann meint, die Personalentscheidung sei ein Signal an Partner in Europa. Staatssekretär Steffen steht für Haushaltsdisziplin und Regeln. Wenn Scholz auf neue Leute setzt, dürfte das gerade in Südeuropa mit Erleichterung aufgenommen werden.