Das Festival „Best of Music“ findet nächstes Jahr nicht statt. Die Hundesteuer soll steigen. Beides Folgen der Finanzmisere in Bietigheim-Bissingen. Foto: Factum-Weise; Christin Klose/dpa

Auch das schuldenfreie Bietigheim-Bissingen spürt die Finanzkrise der Kommunen. Erste Einschnitte in Kultur und anderen Bereichen gibt es sofort – drastischere könnten folgen.

Nur wenigen Kommunen im Kreis Ludwigsburg gehe es in der aktuellen Situation finanziell besser als Bietigheim-Bissingen, sagt Oberbürgermeister Jürgen Kessing. Und dennoch muss sich auch Bietigheim-Bissingen umstellen. Wie, das machten der OB und seine Mitarbeiter angesichts der Haushaltseinbringung für 2026 deutlich.

 

Die steigenden Ausgaben, bei gleichzeitig unsicheren Einnahmen, machen das Planen für Kommunen schwer. Rund 15 Millionen Euro Miese weist der Haushaltsentwurf für 2026 auf. Die reiche Stadt an Enz und Metter kann das noch aus der Rücklage stemmen und muss keinen Kredit aufnehmen.

Auf der Ausgabenseite sind die Personalkosten mit 59 Millionen Euro der größte Posten. Aussicht auf Besserung gibt es angesichts des ab dem nächsten Schuljahr geltenden Anspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler nicht. Auch die Kreisumlage mit 32 Millionen Euro macht einen großen Teil der Gesamtausgaben von 179 Millionen Euro aus.

Beim Blick auf die Pläne für eine Stadtbahn, das Katastrophenschutzzentrum und die steigende Kreisumlage sagt Kessing: „Dann baut in Zukunft nur noch der Landkreis, aber keine Kommune mehr.“ Trotzdem soll in Bietigheim-Bissingen erst einmal weiterhin gebaut werden. 13 Millionen Euro für die Feuerwache in Bietigheim und 15 Millionen Euro für die Erweiterung der Realschule Bissingen sind in den nächsten Jahren eingeplant.

Jürgen Kessing ist seit 2004 Oberbürgermeister in Bietigheim-Bissingen. Foto: Alexander Keppler/Pressefoto Baumann

Situation schlimmer als 2008

Alles also halb so wild an Metter und Enz? Kessing ist mit Blick in die Zukunft eher pessimistisch. Eine solch schlechte Stimmung in der Wirtschaft und damit auf der Einnahmeseite habe er noch nie erlebt, „und ich bin schon eine Weile dabei“. Seit 2004 lenkt er die Geschicke der Großen Kreisstadt. Selbst bei der Finanzkrise 2008 und 2009 sei nach zwei Jahren wieder eine Besserung in Sicht gewesen.

Weil ein Ende der aktuellen Misere nicht in Sicht ist, fängt man in Bietigheim nun an, sich grundlegendere Gedanken zu machen. Die Kitagebühren wurden schon erhöht, die Hundesteuer und Vergnügungssteuer sollen ebenfalls steigen. Alle Investitionen sollen gemeinsam mit dem Gemeinderat erneut auf den Prüfstand.

Musikfestival verschoben, Museen schließen öfter

Die Kultur ist auch betroffen: Das eigentlich für kommendes Jahr geplante Musikfestival „Best of Music“ soll um ein Jahr verschoben werden. Stadtmuseum und Städtische Galerie müssen jeweils an einem weiteren Tag der Woche schließen. Die Benutzung der Sporthallen soll künftig etwas kosten und auch über Parkgebühren in der Innenstadt müsse man nachdenken.

Das sind aber alles keine Maßnahmen, die große Millionenbeträge bringen. Ändere sich nichts Grundlegendes an der finanziellen Situation für Kommunen, müsse man nächstes Jahr auch über größere Einschnitte sprechen, sagt Kessing. Dann könnten die Rücklagen der Stadt nämlich aufgebraucht sein. Finanzbürgermeister Michael Hanus und Kämmerer Jens Dörr schauen auch deshalb schon, an welchen Stellschrauben gedreht werden könnte.

Wenig überraschend sind mehr Einnahmen in einer wirklich spürbaren Größenordnung nur über die Erhöhung der Grundsteuer und der Gewerbesteuer zu erreichen. „Aktuell steht die Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer nicht zur Debatte, aber wenn es so weitergeht, wird das zum Thema“, sagt OB Kessing.

Der Rathauschef, wie immer nicht um einen Spruch verlegen, fasste die Situation der Stadt so zusammen: „Wir müssen in den Känguru-Modus: Große Sprünge mit leerem Beutel.“