Wie geht es im Ludwigsburger Klinikum weiter? Foto: Simon Granville

Mit harten Einsparungen und einer neuen „Wachstumsstrategie“ sollen die Kliniken im Kreis Ludwigsburg bis 2028 zukunftsfähig gemacht werden. Für 2025 wird ein Defizit von 45 Millionen Euro erwartet. Muss das Bietigheimer Krankenhaus geschlossen werden?

Nach dem Schock, den das 50 Millionen Euro große Loch in der Bilanz der Regionale Kliniken Holding RKH für das Rechnungsjahr 2024 verursacht hatte, waren die Kreisräte in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses bereits gewappnet, als der neue Geschäftsführer Marc Nickel mit der Jahresplanung das für 2025 zu erwartende Defizit benannte: Es soll 45 Millionen betragen. Zudem wird für die beiden Folgejahre mit weiteren Defiziten von jeweils rund 40 Millionen Euro gerechnet, bis dann im Laufe des Jahres 2028 die noch auszuformende „neue Unternehmensstrategie“ greifen soll.

 

Dabei machte Nickel deutlich, dass „die Kostenseite allein das Ergebnis nicht retten“ werde. „Mögliche Verbesserungspakete“ konnte der seit November im Amt befindliche Geschäftsführer noch nicht vorlegen, diese sollen mit der bis Ende des Jahres angekündigten neuen Unternehmensstrategie definiert werden. Generell gehe es darum, „gezielt zu investieren, gezielt zu sparen und gezielt zu wachsen“. Zu den Sparmaßnahmen gab er schon mal Hinweise. So führte er eine bis dato „nicht vorhandene Personalstrategie“ an, die speziell im Bereich der Krankenpflege zu massivem Einsatz von Leihkräften geführt habe, mit netto jeweils 10 Millionen Euro Zusatzkosten pro Jahr.

Im ehemaligen Marbacher Krankenhaus wird das geplante große Gesundheitscampus mit Pflegeschule, Wohnungen und Senioreneinrichtungen ad acta gelegt. Foto: Werner Kuhnle

6000 Vollkräfte arbeiten im Klinikum

Ohne seinen Vorgänger Jörg Martin zu nennen, der die Kreiskliniken im Herbst verlassen und mit einem „goldenen Handschlag“ von einer halben Million Euro abgefunden werden musste, kritisierte Nickel, dass jeder Bereich „wie ein separates Silo“ getrennt agiert habe, mit entsprechenden negativen Effekten auch im wirtschaftlichen Ergebnis. Die nicht vorhandene „Personalstrategie“ für die derzeit knapp 6000 Vollkräfte sei nun „die große Lücke, der Flaschenhals“, den es mit entsprechender Personalentwicklung zu beseitigen gelte.

Kann das Bietigheimer Krankenhaus erhalten werden?

Einen dicken, wenn auch nicht genau bezifferten Brocken bei den Sparmaßnahmen macht die Schließung des Simulationszentrums Vaihingen, das aufgegeben und im Laufe des kommenden Jahres geräumt wird. Für das Krankenhaus in Bietigheim wird das Neubaukonzeptes erst einmal nicht weiterverfolgt. Dies auch vor dem Hintergrund, dass noch nicht klar sei, wie die künftige Regierung mit der noch kurz vor dem Bruch der Ampel-Regierung verabschiedeten Krankenhausreform umgehen und wie sich das in der Praxis auswirken werde. Doch auch über diesem Standort hängt ein dickes Fragezeichen. Vor allem dann, wenn eine radikale Konzentration auf ein Zentralklinikum kommen sollte. Das wollte Nickel offenlassen. Er fügte aber an, dass große Städte mit einer Bevölkerungszahl, wie sie der Kreis mit über einer halben Million Einwohner habe, „nicht nur ein Krankenhaus“ betreibe.

Neubau für Ambulanzzentrum wird gestoppt

In Marbach wiederum wird der große Gesundheitscampus mit Pflegeschule, Wohnungen und Senioreneinrichtungen, den Nickels Vorgänger auf der früheren Krankenhausfläche imaginiert hat, ad acta gelegt. Das sei „wirtschaftlich nicht realisierbar“. Der Schwerpunkt soll auf ambulante medizinische Versorgung gelegt werden. In Ludwigsburgs wiederum wird die Sanierung der psychiatrischen Stationen, mit 7,8 Millionen Euro beziffert, ebenso gestoppt wie der auf 18 Millionen Euro taxierte Neubau des Ambulanzzentrums an der Harteneckstraße.

Der RKH-Geschäftsführer Mark Nickel (links) und sein Vorgänger Jörg Martin im September 2024 Foto: Simon Granville

Nicht zuletzt aber setzt der Geschäftsführer auf deutliche Verbesserungen auf der Einnahmenseite, speziell auf eine neue „Medizinstrategie“, für die Nickel „abgesicherte Maßnahmepakete“ ankündigte. Auf Nachfrage aus dem Gremium wurde er etwas konkreter: Durch die Krankenhausreform werde es eine „neue Dynamik am Markt“ geben. „Und wir wollen von dieser Umverteilung profitieren.“ Nickel nannte die Endoprothetik, also den Sektor für künstliche Gelenke, sowie „Krebserkrankungen“, für deren Behandlung andere Häuser „ausscheiden werden“. Er griff dabei den Begriff „Rosinenpickerei“ auf, den Kreisrat Peter Schimke (Die Linke) bei seiner Grundsatzkritik am System der vor der Jahrtausendwende ins Werk gesetzten Privatisierung des Krankenhauswesens benutzt hatte: „Die Privaten betreiben Rosinenpickerei, und wir müssen alle anderen Dinge machen.“ Dazu Nickel: „Rosinenpickerei können wir auch.“

Für die angekündigte Neuausrichtung erhielt die Geschäftsführung vom Gremium grundsätzliche Rückendeckung. Desgleichen waren sich alle mit FDP-Kreisrat Jochen Eisele einig: Die Klinken stehen an einem Scheideweg. Und für die prognostizierten Defizite bleibe, wie der Remsecker CDU-Kreisrat Karl-Heinz Schlumberger formulierte, „nichts anderes übrig, als die bittere Pille zu schlucken“.