Zentrale des Finanzkonzerns W&W in Stuttgart. Foto: dpa

Schöne Bescherung für die Mitarbeiter von Wüstenrot & Württembergische: Hunderte von Stellen werden gestrichen, Mitarbeiterkonditionen gekürzt – doch ein ausscheidender Vorstand erhält einen Beratervertrag.

Schöne Bescherung für die Mitarbeiter von Wüstenrot & Württembergische: Hunderte von Stellen werden gestrichen, Mitarbeiterkonditionen gekürzt – doch ein ausscheidender Vorstand erhält einen Beratervertrag.

Stuttgart - Über eine halbe Stunde hat Bernd Hertweck unlängst auf der Betriebsversammlung geredet. Der Wüstenrot-Chef wollte Aufbruchstimmung verbreiten, wollte die Anwesenden gewinnen für seine Botschaft: Wüstenrot ist auf dem richtigen Weg. Doch der Bausparkassen-Chef konnte die Mitarbeiter nicht besänftigen. Sie sind wütend, weil das konzernweite Sparprogramm W&W 2015 offenbar nicht für alle Ebenen gilt. „Bei den Mitarbeitern wird jeder Cent umgedreht und bei den Führungskräften wird das Geld mit vollen Händen ausgegeben,“ macht ein Mitarbeiter seiner Verärgerung Luft.

Hintergrund ist: Bis Ende 2015 will der Finanzkonzern 800 Stellen einsparen, davon muss die Bausparkasse Wüstenrot noch 300 Stellen beitragen. Und jetzt wird bekannt, dass Klaus Peter Frohmüller, Vorstand der Dachgesellschaft Wüstenrot & Württembergische AG, der zum Jahresende in den Ruhestand geht, noch einen Beratervertrag erhält. Er wird ab 2014 für ein Jahr Leiter des Konzernprojekts Standortentwicklung, bestätigt ein Unternehmenssprecher unserer Zeitung.

Frohmüller ist seit 2006 im W&W-Vorstand für Organisation und IT-Steuerung zuständig. Ihm wird auch angelastet, dass die immensen technischen Probleme der Bausparkasse nach so vielen Jahren immer noch nicht behoben sind.

Jetzt soll der 63-Jährige die Umzugspläne des Konzerns von Stuttgart nach Ludwigsburg voranbringen. Auch das ein Thema, das für erhebliche Unruhe im Unternehmen sorgt. „Die Zentrale stellt sich einen Palast in Ludwigsburg hin, während gleichzeitig Mitarbeiter gehen müssen“, so der Vorwurf aus der Belegschaft auf der Betriebsversammlung.

Die Umzugspläne sind bekannt, wie sie am Ende umgesetzt werden und wie viel Leute letztlich davon betroffen sind, ist noch nicht entschieden. 18 Architekturbüros haben Entwürfe eingereicht zur Entwicklung des Standorts Ludwigsburg/Kornwestheim. Viele der Gebäude dort sind sanierungsbedürftig. In den nächsten Tagen soll der Sieger des laufenden Planungswettbewerbs bekannt gegeben werden. Das Gelände ist in drei Bauabschnitte aufgeteilt, die Umsetzung der Pläne soll sich über ein Jahrzehnt erstrecken, sagt der Unternehmenssprecher. Schon in den vergangenen Jahren seien etwa 500 Arbeitsplätze von Stuttgart nach Ludwigsburg verlagert worden. Derzeit sind rund 2400 Stellen des Finanzkonzerns am Standort Stuttgart und rund 3000 am Standort Ludwigsburg/Kornwestheim angesiedelt.

Auch Stress mit dem neuen Baufinanzierungsportal

Neubaupläne einerseits, Streichkonzert andrerseits: Verärgert sind die Wüstenrot-Mitarbeiter auch, weil im nächsten Jahr die Mitarbeiterkonditionen bei der Bausparkasse und bei der Bank zusammengestrichen werden. So werden etwa neue Bauspardarlehen teurer, der Zinszuschlag bei Sparprodukten entfällt oder Vergünstigungen bei besonderen Kreditkarten fallen weg.

Obendrein gibt es immer noch Stress mit dem neuen Baufinanzierungsportal, das auf einer Plattform des Baufinanzierungsvermittlers Interhyp basiert. Die Software funktioniere noch nicht 100prozentig, sagt ein Mitarbeiter. „Ein Problemfeld wird weggeräumt, zwei neue tauchen auf“. Zudem warten die Außendienstmitarbeiter immer noch auf die Ausstattung mit modernen Geräten. Das soll im nächsten Halbjahr über die Bühne gehen. Mit dem neuen Portal sollen alle Kreditanträge vom Vermittler elektronisch eingereicht werden. Die Außendienstmitarbeiter sollen sich noch besser auf die Beratung des Kunden konzentrieren, heißt es in einer Unternehmensmitteilung.

Betroffene Vermittler sehen das ganz anders. „Wir werden zu kostenlosen Service- und Verwaltungskräften“, sagt einer. Viele Arbeiten, die bisher der Innendienst erledigt habe, seien auf den Außendienst übergegangen. Ein Vorgesetzter hätte unlängst Außendienst-Vertriebsleuten empfohlen, für diese Arbeiten am besten eine Sekretärin einzustellen – auf eigene Kosten.

Der Unmut im Unternehmen ist sehr groß, nicht zuletzt, weil die Belegschaft seit 2006 nun schon den zweiten Aderlass verkraften muss. Das Klima verbessern derzeit auch zusätzliche Angebote an die Mitarbeiter nicht. So wird zu Beginn des nächsten Jahres die neue Betriebskindertagesstätte in Ludwigsburg in Betrieb genommen. Zudem gibt es Gesundheitstage im Unternehmen wie etwa der Tag der Herzgesundheit. Angesichts des kalten Betriebsklimas sei das doch eine Farce, meint ein Mitarbeiter. „Für mein Herz wäre es besser, wenn ich meinen Arbeitsplatz behalten würde und nicht Angst haben müsste, ihn zu verlieren.“